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Serie: Grundsatzfragen zum Thema Führung, denen sich Human Ressource Experten stellen sollten  ||  Teil 9

 

Warum sollten Experten heutzutage noch Führungskräfte werden wollen? Wieso sollte es attraktiv sein, fachlich immer weniger als seine Mitarbeiter zu wissen, dafür so manche kosteneinsparende Hiobsbotschaft vermitteln zu müssen, hinter der man angesichts der Gewinnzahlen des Unternehmens selbst nicht steht. Wieso sollte es erstrebenswert sein, e-mails rund um die Uhr selbst zu checken, Dienstreisen zu unattraktiven Tageszeiten anzutreten, Urlaube zu kürzen oder zu verschieben, weil wichtige, unaufschiebbare Konzernmeetings einberufen werden etc. Warum sollte man seine eigenen Einschätzungen hinter den Berg halten müssen um Entscheidungen zu vertreten, bei denen man nicht mitwirken durfte. Warum sollte man auf Dauer den Spannungsbogen zwischen der reinen Organisationsperspektive des Topmanagements und der persönlichen nutzenmaximierenden Perspektive der Experten austarieren – mit dem ständigen Risikopotenzial, bei den Einen oder den Anderen in Ungnade zu fallen? Warum sollten sich zukünftig Experten für eine Führungslaufbahn entscheiden, wenn wir sowieso die Notwendigkeit de Führungsfunktion in neuen Organisationsformen wie agile Organisation und Holocracy in Frage stellen oder abschaffen wollen?

Viel Einsatz wenig Ehr

Dazu kommt, dass tendenziell die Meinung der Mitarbeiter über die Leistung der Mittelmanager geringgeschätzt wird. Die Mitarbeiterklagen lauten: Die nehmen sich nicht ausreichend Zeit, wertschätzen uns zu wenig, bringen uns unter Druck, verursachen Chaos , wollen ständig mehr, unterstützen uns nicht ausreichend etc.

Jedoch, die Welt des Mittelmanagements ist hart. Sie drohen zwischen den diametralen Ansprüchen des Topmanagements und denen der Experten zu zerbrechen. Die Mittelmanager haben mit Ihrem Führungsgeschick die Jahresplanungen zu realisieren. Die Aufmerksamkeit und Einsätze der Experten auf das Wesentliche zu lenken, damit die Ergebnisse realisiert werden können. Und das bei weiter abnehmenden Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Der Grat zwischen Erfolg und Mißerfolg ist schmal, denn es können kaum unvorhergesehene Ausfälle abgefedert werden. Emotional hat diese Anspannungen das Mittelmanagement auszubalancieren. Es mussZuversicht und Optimismus ausstrahlen in Zeiten, wo Un-Einschätzbarkeit vorherrschen.

Und sie haben vielfach auch inhaltlich einzuspringen, wenn Experten nicht mehr bereit sind zum wiederholten Male ihre work-live zu Gunsten des Unternehmens einzusetzen. Und das für wenig materielle und immaterielle Anerkennung von Seiten des Topmanagements.

Werden wir zukünftig noch Mittelmanager brauchen?

Ein eindeutiges Ja, wenn man die Führungsrolle als Organisations-, und Beziehungsmanagementrolle versteht. Vor allem die Beziehungsfähigkeit, die über die reine Kommunikationsfähigkeit hinausgeht wird zur Schlüsselkompetenz für zukünftige erfolgreiche Mittelmanager. Sie ist die Fähigkeit mit jedem einzelnen Teammitglied eine tragfähige Arbeitsbeziehung aufzubauen und dauerhaft aufrecht zu erhalten.

Ein eindeutiges Nein, wenn man die Führungsrolle als fachlichen Support und Vorgesetztenrolle versteht, die anweist, alles vor denkt und als Alleinherrscher agiert.

Dieser besondere Beziehungsmanagementschwerpunkt ist im Führungsalltag schon lange in der Mittelmanagementrolle angekommen und verlangt den Führungskräften sehr viel auf der persönlichen Ebene ab.  Energieabfall und meisten Stresssymptome werden damit hervorgerufen.

Werden wir zukünftig Gefahr laufen, Mittelmanager zu finden?

Ja, weil die Rahmenbedingungen für den Schritt vom Experten zur Führungskraft sukzessive für den potenziellen Führungsnachwuchs unattraktiv werden:

Da gibt es einerseits Topmanager, denen die neuen Anforderungen der Führungsrolle im Mittelmanagement vielfach nicht bewusst sind, weil sie selbst in ihrer Laufbahn noch fachliche Schwerpunkte in der Vorgesetztenrolle vorfanden, und Mitarbeiter hatten, die  brav und gehorsam die Anordnungen ausführten. Dieses Nichtwissen über die veränderten Anforderungen in den Mittelmanagementrollen, die die emanzipierten Mitarbeiter auslösen, erzeugt im Mittelmanagement viel Druck durch unrealistische Vorgaben und Erwartungshaltungen.

Und andererseits sind wir auf Beziehungsaufgaben nicht ausreichend vorbereitet. Die schulische Laufbahn trimmt uns darauf, sich Wissen zu verschiedensten, fachlichen Themengebieten anzueignen. Wir lernen nicht, wie wir erfüllte,  glückliche Beziehungen aufbauen, gestalten und nachhaltig aufrecht erhalten können. Genau diese Anforderungen sind aber in der Mittelmanagementrolle gefordert. Wenn es Unternehmen nicht gelingt, die Entwicklung dieser Kernkompetenz entsprechend zu unterstützen, werden nicht ausreichend genug Mitarbeiter den Schritt zur Führungskraft attraktiv genug finden. Mit schwierigen Beziehungen hat man sich in seinem Privatleben oft genug herumzuschlagen, wieso das auch noch zu seiner Hauptaufgabe im Job machen?

Wie kann Human Resources beitragen, um ausreichend Nachwuchs für das Mittelmanagement zu sichern?

  1. Attraktive Führungsvorbilder bieten, die in ihrem tagtäglichen Führungshandeln Role Models sind, weil sie modernes Führen vorleben: ausreichend Interesse für die Bedürfnisse des Einzelnen und den Fokus aufs Ergebnis, weil sie rasch die richtigen Entscheidungen treffen.
  2. Attraktive Ein- und Ausstiegsszenarien, die es ermöglichen, Führungsrollen gut vorbereitet übernehmen zu können. Dazu gehört ein Onboardingprogramm, dass eine dauerhafte Begleitung interner und externe Sparringpartner im ersten Jahr für inhaltliche und führungstechnische Reflexionsschleifen vorsieht. So wird die Bindung ans Unternehmen sichergestellt und ein schnelles Reüssieren der neuen Führungskraft gewährleistet.
    Zukünftig werden Top- und Mittelmanagementfunktionen vermehrt nicht mehr bis zur Pension ausgeübt werden. Ein beruflicher side-step wird von den Betroffenen gewünscht werden und der sollte – nicht so wie heute – nur durch den Weg in die Selbständigkeit möglich sein. Imagesichernde Ausstiegsmöglichkeiten aus der Linienfunktion in Mentoren-, und Projektleitungsrollen oder Stabsfunktionen, in der die Managementerfahrung fürs Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden kann, sind zu kreieren.
  3. Attraktive Rahmenbedingungen, die in der alltäglichen Führungsarbeit unterstützen
    wie bspw laufende, externe Sparringpartner, um komplexe Themen entscheidungsreif auszuarbeiten, regelmäßige Retreatworkshops zum Zwecke der Entspannung und Erholung, Arbeitszeiten, die sich mit Freizeit und Familie dauerhaft vereinbaren lassen, attraktive Gehälter und benefits, die die physische, emotionaler und mentaler Belastung ausgleichen.
  4. Ausreichend Ressourcen, was Mitarbeiter, Betriebsmittel, Arbeitsrahmenbedingungen und Finanzmittel betrifft, um Vorgaben realistisch erreichen zu können.

Und Last but not least, das Image von Führungskräften im Mittelmanagement grundsätzlich heben und hoch halten. Das bedeutet beispielsweise, möglichst breit Einsicht in Führungsaufgaben und -anforderungen  durch die Übernahme von Projektleitungs- und Interimsführungsaufgaben zu geben. Eine hochqualitative Aus- und Weiterbildung zu sichern, die auf die individuellen Bedürfnisse der Führungskräfte maßgeschneidert ist: punkto Inhalt und punkto Setting. Denn, „nur Führungskräfte wissen, was Führungskräfte brauchen und wollen.“

Kommt das Zeitalter des War for Middle Managers?

Veronika Aumaier, MAS, MSc | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Veronika Aumaier, MAS, MSc ist Eigentümerin und Geschäftsführerin der AUMAIER COACHING I CONSULTING GmbH. Sie ist Coach und Beraterin für Top-Führungskräfte und HR Teams und unterstützt sie bei der Entwicklung von Führungsstrukturen und -strategien. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt gilt Management & Leadershipthemen sowie der HR Transformation.

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