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Zeit für ein gutes Home Office Gesetz | 7 Punkte, die geklärt gehören

15Dez2020
6 min
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HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Seit dem ersten Lock Down im Frühjahr 2020 ist sichtbar geworden, dass Home Office und mobiles Arbeiten in Österreich nicht eindeutig geregelt sind, da ein Home Office Gesetz fehlt. Zahlreiche Fragen, etwa die des Arbeitsunfalls im Home Office, die Abgrenzung zwischen Home Office und mobilem Arbeiten, oder aber Fragen der Ergonomie, verunsichern Unternehmen und deren Beschäftigte.

Es ist also höchste Zeit für ein gutes Home Office Gesetz. Über ein solches wird aktuell gerade verhandelt – mit unklarem Ausgang. Wir haben uns angesehen, was idealerweise klargestellt werden sollte, und sieben wesentliche Fragen herausgearbeitet.

 

 

1. Was ist Home Office? Was mobiles Arbeiten?

Derzeit gibt es in Österreich keinen klaren Begriff, da rechtlich keine eigene Regelung zu Home Office und mobilem Arbeiten besteht. Oft wird der Überbegriff „Telearbeit“ verwendet (der aus einer Rahmenvereinbarung der Sozialpartner auf EU-Ebene aus dem Jahr 2002 (!) stammt), in der Praxis gibt es aber noch eine Vielzahl anderer verwendeter Begriffe. Eine klare Abgrenzung fehlt.

Zu klärende Punkte für ein Home Office Gesetz wären daher:

  • Was ist unter „Home Office“ und „mobilem Arbeiten“ (also Arbeiten von anderen Orten aus als zu Hause) genau zu verstehen und wie grenzen sich diese Begriffe von einander ab?
  • Und was haben Arbeitgeber hier jeweils zu beachten?

2. Betriebsvereinbarung oder nicht?

Derzeit ist Telearbeit kein Betriebsvereinbarungstatbestand. Einige Kollektivverträge sehen dazu Regelungen vor, aber längst nicht alle und sehr unterschiedlich. Je nach Situation im Unternehmen wird Home Office mit einer Betriebsvereinbarung oder mit einer Rahmenregelung, oft aber auch mit Einzelvereinbarungen oder ergänzenden Einzelvereinbarungen (zusätzlich zu einer Betriebsvereinbarung) eingeführt. Klarheit, was das bevorzugte Vorgehen ist und welche Mindestbestandteile enthalten sein sollten, besteht dabei nicht. Dazu kommt auch die Frage des Anspruchs, also welche Gruppen diese Optionen nutzen dürfen bzw. vielleicht sogar unter bestimmten Umständen Anspruch darauf haben.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Welche Form der innerbetrieblichen Regelung braucht es und was muss darin jedenfalls enthalten sein?
  • Wer hat Anspruch?
  • Wie kann das unter Gesichtspunkten der Gleichbehandlung aussehen?

3. Arbeitszeiten und Ruhezeiten für mündige Wissenarbeiter/innen

Gerade in der Coronazeit, wo viele Beschäftigte neben Home Office auch noch Home Schooling zu bewältigen hatten, wurde vielerorts zu sonst unüblichen Zeiten, etwa am Abend oder zeitig in der Früh, gearbeitet. Natürlich führt dies unter Umständen zu einer auf Dauer nicht dienlichen Mehrbelastung. Gleichzeitig sollte nicht darüber hinweg gesehen werden, dass es auch eine nicht unerhebliche Zahl an Beschäftigten gibt, die sich flexiblere Zeiten wünschen würden. Vor allem die Einhaltung der Ruhezeiten (in der Regel 11 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen) steht dem Wunsch nach autonomer Zeitgestaltung entgegen. Auch wenn Beschäftigte sich ihre Arbeit gerne so einteilen würden, dass sie mal Abends etwas machen und dann am nächsten Morgen weiterarbeiten, so schützt das Arbeitgeber, die das zulassen, nicht vor Strafen wegen Arbeitszeitüberschreitungen bzw. Ruhezeitenunterschreitungen und kann zudem teure, zuschlagspflichtige Stunden bedeuten. Ein Mehr an Autonomie und Flexibilität, sich die Zeit nach den eigenen Bedürfnissen einteilen zu können, fehlt.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Wie kann man Beschäftigten im Home Office mehr Autonomie bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten und Ruhezeiten ermöglichen?

4. Ergonomie – aber wie?

Unklar sind auch die Vorgaben zur genauen Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes zu Hause. Zwar gelten arbeitsstättenbezogene Vorgaben, wie etwa zur Raumhöhe, Beleuchtung, etc. nicht in Privatwohnungen, gleichzeitig aber sollen diese Themen auch in der „Musterevaluierung“ einbezogen werden und Arbeitgeber müssen zudem überlassene Arbeitsmittel ergonomisch gestalten. Eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Möbel besteht hingegen laut Arbeitnehmerschutzgesetz nicht. Die Lage ist also schwer verständlich und sollte gerade mit Blick auf ein Mehr an Home Office nach Corona eine genaueren Klärung zugeführt werden. Zudem wird das mobile Arbeiten, das in den wenigsten Fällen ergonomisch stattfindet (weil Züge, Cafés etc. nun mal nicht ergonomisch gestaltet sind) bislang weitgehend ignoriert.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Was sind genau die Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern für eine ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen zu Hause?
  • Wie ist dieser Punkt im Hinblick auf mobiles Arbeiten zu verstehen?

5. Arbeitsunfall – Absicherung gefragt

Die Thematik des Arbeitsunfalls verunsichert Unternehmen und Beschäftigte ebenfalls stark. Vor allem die bis vor Corona gängige Rechtsprechung, dass sich ein Arbeitsunfall im Home Office „in einem im Wesentlichen der Arbeit dienenden Teil der Wohnung“ ereignen muss, wirft viele Fragen auf, zumal viele Beschäftigte nicht über ein eigenes Büro zu Hause verfügen. Das Thema des mobilen Arbeitens ist hier ganz ausgespart. Im Zuge der CoViD-Übergangsregelungen wurde der entsprechende §175 des ASVG dahingehend ergänzt, dass der Unfall im Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen muss. Was allerdings passiert, wenn ein Unfall passiert, der beispielsweise durch herumliegende Haushaltsgeräte (zB Stolpern über den Staubsauger) zu Hause passiert, ist unklar.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Genaue Abgrenzung, wann es sich bei Home Office und mobilem Arbeiten um einen Arbeitsunfall handelt?

6. Wer zahlt das alles? – Aufwandsersatz

Bislang haben viele Unternehmen keinen eigenen Aufwandsersatz für Home Office Tage geleistet. Argumentiert wurde dies stets damit, dass sich ohnehin über die Wegersparnis Kosten reduziert werden. Im Zuge der Lock Downs ist naturgemäß die Frage „Wer zahlt den Strom, das Internet und die Beheizung zuhause“ vermehrt aufgetreten und bei einem so hohen Anteil an Arbeit zu Hause auch legitim. Daher wurde und wird über die Frage des Kostenersatzes auch viel diskutiert. Gleichzeitig sollte man sich im Klaren darüber sein, dass eine zusätzliche „Home Office Zulage“ auch der Todesstoß für dezentrales Arbeiten sein kann, da üblicherweise ja am betrieblichen Arbeitsort voll ausgestattete Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und Unternehmen so doppelte Kosten hätten. Desk Sharing, was allerdings kulturell fordernd ist und von vielen Beschäftigten abgelehnt wird, wäre hier eine Alternative.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Wie kann ein sinnvoller Kosten-/Aufwandsersatz aussehen, der nicht das Ende von Home Office zur Folge hat?
  • Was ließe sich mit steuerlichen Absetzbeträgen lösen ohne den Unternehmen höhere Kosten zuzumuten?

7. Home Office und Dienstverhinderung – wie geht das zusammen?

Zuletzt stellt sich noch die Frage nach Home Office und Krankenstand. Österreich kennt bekanntermaßen nur zwei Zustände: arbeitsfähig und arbeitsunfähig. Ein Vorstoß zum „Teilkrankenstand“ ist vor einigen Jahren am (verständlichen) Widerstand der Ärztekammer gescheitert. Gleichzeitig zeigt sich in Zeiten von Grippe und Corona, dass es sinnvoll sein kann, wenn Beschäftigte bei leichten Symptomen oder der bloßen Vermutung, vielleicht krank zu werden, von zu Hause arbeiten. Natürlich sollen diese Ausführungen nicht so verstanden werden, dass jemand, der oder die arbeitsunfähig ist, dann zur Arbeit von zu Hause genötigt wird. Aber viele Beschäftigte möchten sich bei leichten Erkältungssymptomen nicht gleich krank schreiben lassen, das Arbeiten von zu Hause ist aber im Sinne der Vermeidung von Ansteckung hier sinnvoll, wie wir alle aus der aktuellen Situation gelernt haben. Zu viele Beschäftigte haben sich vor Corona noch halbkrank ins Büro geschleppt. Auch dazu wäre ein Weg wünschenswert.

Dass Home Schooling gepaart mit Home Offce nicht unbedingt zu Erleichterungen geführt haben, war während Corona offensichtlich. Gleichzeitig stellt sich auch die Frage nach den Nutzungsmöglichkeiten bei kurzfristigen Betreuungsengpässen – als Alternative zum Pflegeurlaub.

Zu klärende Punkte wären daher:

  • Wie kann ein „Teilkrankenstand“ oder ein „Anspruch auf Home Office zur Vermeidung von Ansteckung“ aussehen, der beiden Seiten – Unternehmen wie Beschäftigten – entgegen kommt?
  • Unter welchen Umständen kann Home Office auch bei kurzfristigen Betreuungsengpässen genutzt werden – etwa als freiwillige Alternative zum Pflegeurlaub?

 

Diese sieben Punkte sind nur einige der Aspekte, zu denen ein Home Office Gesetz klare Antworten liefern sollte. Die Erwartungen dahingehend sind jedenfalls zurecht hoch und man darf gespannt bleiben, welche Lösungen uns demnächst präsentiert werden.

Zeit für ein gutes Home Office Gesetz | 7 Punkte, die geklärt gehören

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