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Ghosting

Wir stehen oft im Leben vor der Qual der Wahl. In unserem Privatleben werden wir mit einer Fülle an verlockenden Angeboten konfrontiert: Urlaubsorte, Unterkunftsmöglichkeiten, Restaurants, Styles, Looks. Wir treffen eine Auswahl mit Likes, legen Produkte in die Shortlist des Warenkorbs und fällen häufig erst im allerletzten Moment die Kaufentscheidung.

In der Online-Welt wird der Warenkorb automatisch nach bestimmten Zeiträumen geleert, die Favoritenliste bleibt jedoch bestehen. Und im echten Leben? Auch hier neigen wir dazu, uns bis zuletzt alle Optionen offenzuhalten und erst kurzfristig zu entscheiden. 

INHALT

Bei Produkten ist das Entscheiden in letzter Minute einfacher als bei Dienstleistungen. Letztere erfordern Menschen, die bestimmte Handlungen ausführen, damit das Gewünschte realisiert werden kann. Es bedarf Planung, Vorbereitung und Investitionen sowie Zusagen, die eingehalten werden müssen, damit das Fest, das Treffen, der Austausch stattfinden kann.

Fehlende Verbindlichkeit für Teamarbeit und Unternehmenskultur

Im Berufsleben sind Meetings, Bürotage, Kundentermine und Netzwerktreffen nur einige Beispiele. Zusagen zu Terminen erfordern Verbindlichkeit, insbesondere in kleineren Gruppen: Wenn bei Großveranstaltungen nicht alle angemeldeten Teilnehmenden kommen, fällt das kaum auf. Fehlt jedoch bei einem Teamtreffen mit vier Personen eine Person, macht das einen großen Unterschied, möglicherweise mit gravierenden Folgen: Man ist im Aufsichtsrat vielleicht nicht beschlussfähig, im Coaching nicht handlungsfähig und im Kundentermin nicht abschlussfähig.

Exklusivität und Individualität werden uns immer wichtiger, ebenso wie Termintreue und Zuverlässigkeit. Jedes Meeting, das wiederholt werden muss, oder zusätzliche Absprachen benötigt, weil nicht alle anwesend sind, sich nicht alle beteiligen oder notwendige Vorbereitungen nicht getroffen wurden, bestraft diejenigen, die sich an Termine und Vereinbarungen halten. Ihre Zeit und Energie wird verschwendet – sie zahlen den Preis für die Abwesenden.

Grenzen der Individualität

Wenn wir andere in ihren Handlungen einschränken, weil unsere Beiträge oder Anwesenheit fehlen, wandelt sich das Streben nach Individualität in Egoismus. Wo wir unsere eigenen Bedürfnisse ständig zugunsten der Gemeinschaft zurückstellen, herrscht Selbstaufgabe. Wenn Geben und Nehmen über lange Zeiträume ausgewogen sind, erleben wir ein harmonisches Miteinander.

Warum ghosten wir? Warum fällt es uns so schwer, verbindlich zuzusagen oder rechtzeitig abzusagen? Was ist rechtzeitig? Für die Essenseinladung sollte noch nicht eingekauft sein, für Reservierungen von Hotelzimmern, Meetingräumen, Tischreservierungen sollte das Unternehmen noch genügend Gelegenheit haben, diese Ressourcen anderweitig zu vergeben. Das gilt besonders für Zeit, die man jemandem mit einer Zusage zu einem Treffen blockiert. Wir sind nicht erfreut, wenn ein Termin ausfällt und wir eine Stunde Zeit gewinnen, ohne die Möglichkeit zu haben, diese Stunde nach eigenen Wünschen zu nutzen. Dafür benötigen wir rechtzeitige Informationen! Angenommen, Dienstag ist der vereinbarte Teamtag im Büro zum Austausch. Es ist nicht ideal, wenn man die/der Einzige im Büro ist, wenn von sechs Teammitgliedern immer nur dieselben anwesend sind, oder wenn man bestimmte Themen bewusst mit jemandem besprechen wollte und diese seit einer Woche für dieses Treffen sammelt.

Schlechtes Gewissen – Entschuldigungen

Es ist angebracht, sich aufrichtig zu entschuldigen, wenn man aufgrund unvorhergesehener Ereignisse eine Zusage nicht einhalten kann. Niemand möchte Ausreden hören oder halbherzige Entschuldigungen erhalten. Ausnahmen sollten einmalig sein – spätestens beim zweiten Mal ist davon auszugehen, dass es an Ernsthaftigkeit, Wichtigkeit, Wertschätzung, Disziplin etc. fehlt.

Ghosting

Wenn man sich nicht abmeldet, keine Nachricht hinterlässt, auf Tauchstation geht und nicht mehr reagiert, ist das kein Zeichen von Anstand, Reife oder Aufrichtigkeit. Nichts zu sagen ist keine Lösung. Einfach zu ghosten bedeutet, Themen offen zu lassen. Es bleiben emotionale Rechnungen offen, die ihren Preis auf unterschiedliche Weise haben: Man wird als unzuverlässig, illoyal und entscheidungsschwach angesehen. Daraus resultieren kurzfristig Ärger, Enttäuschung und zwischenmenschliche Spannungsfelder, mittel- bis langfristig toxische Beziehungen, soziale Isolation und mangelnde Bindungen.

Ein Nein oder ein Ja braucht Beständigkeit und muss akzeptiert werden. Wenn jemand Entscheidungen trifft, dann sollten sich alle daran halten. Nein zu sagen und trotzdem zu erscheinen ist genauso falsch wie Ja zu sagen und nicht zu erscheinen. Beides erfordert Beständigkeit, damit sich andere darauf einstellen, verlassen und ihre persönlichen Entscheidungen treffen können. Eine Absage ist in diesem Zusammenhang ebenso gewichtig wie eine Zusage. Denn erst wenn das Nein erfolgt, ist man wirklich frei, sich neu auszurichten – im Job genauso wie im Netzwerk und im privaten Umfeld.

Danke für ein klares Nein! 😊

Ghosting im Berufsleben | Die Konsequenzen fehlender Verbindlichkeit

Veronika Aumaier, MAS, MSc | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Veronika Aumaier, MAS, MSc ist Eigentümerin und Geschäftsführerin der AUMAIER COACHING I CONSULTING GmbH. Sie ist Coach und Beraterin für Top-Führungskräfte und HR Teams und unterstützt sie bei der Entwicklung von Führungsstrukturen und -strategien. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt gilt Management & Leadershipthemen sowie der HR Transformation.

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