Was eine Mitarbeiterbefragung wirklich aussagt – und wie man darauf reagiert. Ein Experten-Interview zwischen Daten und Taten.
Auch wenn Mitarbeiterbefragungen ein Alltags-Tool sind, möchte ich mit meinen Fragen im heutigen Experten-Interview in den puren Basics bleiben. Wie liest man die Mitarbeiter-Befragungs-Reports? Wie sollte man mit den Ergebnissen umgehen? Mit welcher Frequenz bzw. zu welchen Anlässen sollen Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden?
Ein Dank an meine Experten-Runde, tauchen wir gleich ein:

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Experten-Interview
Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung – Next Steps
Wie liest man die Mitarbeiter-Befragungs-Reports und wie sollte man mit den Ergebnissen umgehen?
Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)
Bei guten externen Befragungen bekommt man Management Reports, die bereits vorinterpretiert sind. Wichtig ist es, die Ergebnisse in einen Kontext zu setzen (wie Branche, Größe etc.) und die Daten mit Vorwerten zu vergleichen. Auffällige Werte verdienen einen besonderen Fokus. Am wichtigsten ist allerdings, dass man die Ergebnisse mit den Führungskräften teilt, und zielgerichtete Maßnahmen ableitet. Die Mitarbeitenden müssen spüren, dass ihre Stimme einen Impact hat und nicht im Unternehmen verpufft.
Mag. Ernst Neudorfer (ASZ)
Qualitativ gute Mitarbeiterbefragungs-Reports geben nicht nur Ergebnisse eins zu eins wieder, sondern ordnen die Ergebnisse in einen Kontext ein, also interpretieren die Ergebnisse (z.B. auch in Hinblick darauf, welche Veränderungen nicht nur statistisch signifikant, sondern auch relevant sind). Hierfür wäre eine (arbeits-)psychologische Expertise unabdingbar.
Mag. Gisela Kollmann (HR Interim Management)
Die meisten Mitarbeiterbefragungstools ermöglichen einen schnellen Überblick über das „Dashboard“. Von diesem können die Ergebnisse in den einzelnen Fragekategorien abgelesen und dadurch schnell erkannt werden, wo der Handlungsbedarf am dringlichsten ist. In den Ergebnisreports zeigen sich generelle Trends und ob sich Werte gegenüber der letzten Befragung verbessert oder verschlechtert haben. Spannend ist der Blick auf überraschende Ergebnisse und Bewertungen, mit denen man vielleicht nicht gerechnet hat („blinde Flecken“).
Durch Sortierung und Kategorisierung der Ergebnisse und Kommentare zum Beispiel mithilfe der Eisenhower Matrix können Führungskräfte einen schnellen Überblick erhalten und erkennen, wo sie als erstes ansetzen können.
Katherine Loranger (Safeguard Global)
Wir analysieren Trends, segmentieren Rückmeldungen nach Rolle und Standort und setzen messbare Maßnahmen. Transparenz ist entscheidend – wir teilen die Ergebnisse und beziehen die Teams in die Bearbeitung des Feedbacks ein.
Christian Trübenbach (Great Place To Work)
Die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung sind ein idealer Startpunkt zur Weiterentwicklung einer erfolgreichen Arbeitsplatzkultur. Damit die Ergebnisse besonders gut genutzt werden können, empfehlen wir, sich bereits beim ersten Durchsehen der Ergebnisse zu notieren, welche Aspekte (bei Führungskräften: aus dem eigenen Verantwortungsbereich) in Bezug auf das Gesamtunternehmen besonders wichtig sind. Dabei helfen folgende Fragestellungen:
- Welche Ergebnisse überraschen, sei es positiv, sei es negativ?
- Welche Ergebnisse lösen Freude aus? Was sind unsere Stärken?
- Welche positive Wirkung kann durch ein Ausbauen der Stärken erzielt werden?
- Bei welchen Themen gibt es generell geringe Zustimmung oder gar Unzufriedenheit?
- Was sind Potentiale zur Veränderung?
- Welche Hindernisse und Barrieren sind hinter den Potentialen zu vermuten?
In weiterer Folge ist eine transparente Kommunikation mit den relevanten Stakeholdern (Management, Mitarbeitenden, ggf. Betriebsrat) entscheidend, um eine nachhaltige Reflektion der Ergebnisse und entsprechende Ableitungen von Entwicklungsfeldern sicherzustellen, aber insbesondere auch die Stärken feiern zu können.
Die ideale Frequenz
Zu welchen Anlässen und mit welcher Frequenz sollen Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden?
Katherine Loranger (Safeguard Global):
Vierteljährliche Pulsbefragungen und jährliche Deep-Dive-Umfragen schaffen eine Balance zwischen umsetzbaren Erkenntnissen und Umfragemüdigkeit.
Mag. Ernst Neudorfer (ASZ):
Die Frequenz von Mitarbeiterbefragungen soll sich daran orientieren, wie schnell es jeweils gelingt, aus den Befragungsergebnissen für die Mitarbeitenden sichtbare Veränderungen anzustoßen. Monatliche Kurzbefragungen mit wenigen Fragen könn(t)en dem Management zwar ein gutes Stimmungsbild vermitteln, aber wenn es nicht gelingt, den Mitarbeitenden den Mehrwert zu vermitteln, werden sich sowohl Unzufriedenheit als auch geringe Beteiligungsraten einstellen. Als eine realistische Frequenz erscheint mir ein Intervall zwischen einmal im Jahr und allen drei Jahren. Kurze Befragungen (mit wenigen Fragen und max. 4 resultierenden Kennzahlen) können jährlich Sinn machen, bei umfangreicheren Fragebögen kann ein Drei-Jahres-Intervall sinnvoll sein. Der Anlass für eine Befragung (Betriebliche Gesundheitsförderung, Evaluierung psychischer Belastungen, Zufriedenheitsbefragung etc.) sollte immer gut kommuniziert werden.
Christian Trübenbach (Great Place To Work)
Die entscheidende Frage ist immer: in welcher Zeit schaffe ich es, die aus der Mitarbeiterbefragung abgeleiteten und erforderlichen Maßnahmen auch umsetzen zu können? Man sollte sich immer im Klaren sein, dass eine Mitarbeiterbefragung auch Erwartungen bei den Mitarbeitenden auslöst, dass es im Anschluss daran zumindest eine transparente Kommunikation der Kernergebnisse gibt und auch mit den Ergebnissen konstruktiv umgegangen wird.
Im Hinblick auf die Erwartungshaltung der Mitarbeitenden und auch sicher zunehmend mit Blick auf die Nachhaltigkeitsberichtserstattung sollte zumindest einmal pro Jahr eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt werden. Hier sollte zumindest auf die allgemeine Zufriedenheit eingegangen werden, aber auch die Themen Zusammenarbeit mit der Führungskraft und den Kollegen sowie allgemeines Well-being sollten im allgemeinen Fokus stehen, um Kenntnisse über das Engagement und Retention erhalten zu können.
Mag. Gisela Kollmann (HR Interim Management):
Es braucht keinen „Anlass“ für eine Befragung. Wenn ein Unternehmen in stetigem Austausch mit seinen Mitarbeitenden sein möchte und sich für ein Betriebsklima einsetzt, in dem Meinungsvielfalt, konstruktives Feedback und gemeinsame Lösungsfindung geschätzt werden, sind Befragungen eine gute Informationsquelle und Ergänzung zur persönlichen Kommunikation. Standard-Fragensets beinhalten Fragen zur Zufriedenheit und Motivation, Zusammenarbeit, Gesundheit & Wohlbefinden, Zukunftsfitness, Führungs- und Organisationskultur, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen und Tätigkeit. Manche erlauben Adhoc-Fragen. Speziellere Fragensets sind auf bestimmte Zielgruppen wie Führungskräfte oder Lehrlinge ausgerichtet oder decken beispielsweise die Evaluierung psychischer Belastungen ab oder sind auf Fokusthemen wie Change, Arbeitgeberattraktivität, Employee Engagement, Hybrides Arbeiten etc. ausgerichtet.
Aufgrund der Digitalität können heute Befragungen in viel kürzeren Abständen durchgeführt werden. Das macht auch Sinn, weil es so zu einem regelmäßigen Feedback und einer konstanten Reflexionsschleife kommt. Man bleibt in stetiger Resonanz mit den Mitarbeitenden. Kürzere Abstände ermöglichen ein kleineres Fragenset und dadurch minimalen Zeitaufwand für die Beteiligung. Die richtige Befragungsfrequenz ist abhängig vom individuellen Setting der Organisation.
Mag. Cornelia Schwaminger (and-us):
Große Befragungen finden idealerweise einmal pro Jahr statt und sind oft auch an Zertifizierungen wie zum Beispiel Great-Place-to-Work geknüpft. Neben diesen gesamtheitlichen Erhebungen sollten zusätzlich kleinere Pulsbefragungen (anlass- und/oder projektbezogen bei großen Veränderungen) durchgeführt werden. Natürlich riskieren Unternehmen damit auch schlechtere Bewertungen, aber nur ein ehrlich gemeintes „hineinhören“ in die Organisation stellt sicher, dass man um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden weiß. Ganz nach dem Motto „Wissen ist Macht.“ Schließlich ist die Zufriedenheit der Mitarbeitenden unmittelbar mit der Retention verbunden und die ist in Zeiten des Fachkräftemangels wichtiger denn je.
FAZIT: Mitarbeiterbefragung als strategisches Führungsinstrument
Mitarbeiterbefragungen sind mehr als ein Stimmungsbarometer – sie sind ein essenzielles Werkzeug für Unternehmenssteuerung und Kulturentwicklung. Entscheidend ist nicht nur die Erhebung selbst, sondern vor allem der richtige Umgang mit den Ergebnissen. Gute Reports bieten zusätzlich zu den Zahlen, eine fundierte Interpretation der Daten im Kontext von Branche, Unternehmensgröße und Vergleichswerte.
Transparenz und Kommunikation spielen dabei eine Schlüsselrolle: Mitarbeitende müssen erkennen, dass ihr Feedback ernst genommen und in konkrete Maßnahmen überführt wird.
Bei der Frequenz gilt: So oft wie nötig, aber nicht häufiger als sinnvoll. Während umfassende Befragungen meist im 1- bis 3-Jahres-Rhythmus stattfinden, können themenspezifische Pulsbefragungen wertvolle Echtzeit-Einblicke liefern. Entscheidend ist, dass zwischen den Erhebungen genügend Zeit bleibt, um Maßnahmen umzusetzen und Veränderungen spürbar zu machen. Denn nur wenn Mitarbeitende die Wirkung ihres Feedbacks erleben, bleibt die Beteiligung hoch – und die Befragung wird zum tatsächlichen Erfolgsfaktor für das Unternehmen.
Interviewte Personen: Mitarbeiterbefragung
Mehr als Zahlen: die richtigen Schlüsse ziehen
Mag. Ernst Neudorfer
- Arbeits- & Organisationspsychologe, Gesundheitspsychologe und Coach
- ASZ – Das Arbeitsmedizinische und Sicherheitstechnische Zentrum in Linz GmbH
- Unternehmens-Profil
- www.asz.at

- Chief People Officer
- Safeguard Global
- www.safeguardglobal.com

Mag. Gisela Kollmann
- HR Interim Management
- Unternehmens-Profil
- www.giselakollmann.com

- Director Growth Consulting – Employer Branding
- and-us GmbH
- Unternehmens-Profil
- www.and-us.com

Christian Trübenbach
- Senior Manager & Senior Culture Coach
- Great Place To Work® Österreich
