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Projekte sind allgegenwärtig und in der modernen Arbeitswelt zu einer häufigen Organisationsform von Vorhaben geworden. Und dennoch passiert etwas in Projekten nur sehr selten: eine strukturierte Sicherung der Projekterfahrungen im Sinne eines Debriefings. Warum eigentlich wird im Projektmanagement Wissen so selten gesichert?

Ich glaube es gibt kaum jemanden der nicht zustimmen wird, dass Projekte in vielen Unternehmen über die letzten Jahre und Jahrzehnte stark zugenommen haben. Die Zahl an Projekten steigt dabei meist ebenso an wie die Komplexität von Projekten. Dennoch zeigt sich in der Praxis ein häufiges systemimmanentes Problem mit Projekten bzw. in Projektorganisationen: Es wird zuwenig Wissen systematisch dokumentiert.

Verlorenes Wissen ist verlorenes Geld

Projekte sind per Definition von ihrer „Einzigartigkeit“ geprägt. In Projekten entsteht daher auch enormes Erfahrungswissen. Wissen, das in vielen Fällen nach Abschluss des Projektes verloren geht. Das bedeutet: Folgeprojekte erfinden das Rad zum zweiten Mal – oder schlimmer, sie wiederholen die gleichen Fehler. Wissen nicht systematisch zu dokumentieren wird damit zu einer verpassten Lernchance. Und da Wissen in Form von Effizienzsteigerungen oder Fehlervermeidungen für Folgeprojekte buchstäblich auch Geld sein kann, geht neben Wissen wohl auch Geld verloren.

Neben verschiedenen Dokumentationsmöglichkeiten während und nach einem Projekt, ist das Projekt Debriefing eine effektive bewährte Methode in der Praxis. Dazu gibt es unterschiedliche Ausprägungen in Umfang und Methode. Im Kern ist Debriefing aber meist eine Workshop-Methode zur Sammlung, Strukturierung und Sicherung von Projekterfahrungen, die am Ende eines jeden größeren Projektes die von allen Projektteilnehmern gemachten Erfahrungen, ob positiv oder negativ, einordnet und reflektiert. Dabei kann man Workshops, Fragebogen oder auch mündliche Abfragen zur Erhebung der Erfahrungen benutzen, je nachdem ob man mehr oder weniger generalisiert und abgeglichene Ergebnisse oder mehr die spontanen Eindrücke gewinnen möchte. Somit ist Debriefing auch zur Selbstevaluation des Projektteams tauglich.

Ablauf eines Debriefing Workshops

  1. Workshop-Einstieg: Zu Beginn ist ein positives Arbeitsklima herzustellen. Das Projektteam muss sich erst wieder in eine Arbeitsfähigkeit einfinden, denn ein Debriefing findet erst nach Beendigung des Projekts statt.
  2. Projektrückblick: An langlaufende und komplexe Projekte müssen sich die Teammitglieder erst wieder zurück erinnern. Verschiedene Moderationsmethoden helfen der Rückbesinnung auf zentrale Erfahrungen im Rahmen des Projektes und zentrale Meilensteine.
  3. Sammlung von Projekterfahrungen: Die systematische Sammlung bringt die gemachten Erfahrungen ans Tageslicht. Diese gilt es zu sortieren und zu bewerten. dabei kommen vielfältige Moderationsmethoden zum Einsatz.
  4. Erarbeitung von Handlungsoptionen: Um zu erfahren, warum manche Dinge im Projekt gut oder schlecht gelaufen sind, ist eine Ursachenanalyse hilfreich. Erste Verbesserungsideen werden strukturiert erarbeitet. Diese sollen in ähnlichen Situationen in anderen Projekten Optimierungen bringen.
  5. Ableitung von Maßnahmen: Damit nicht das Gefühl entsteht »Schön, dass wir darüber geredet haben«, müssen konkrete Maßnahmen festgelegt und angestoßen werden. Diese können bspw. in der Projektregelorganisation verankert werden.
  6. Workshop-Abschluss: Nutzen Sie die Gelegenheit, dem Projektteam Wertschätzung entgegen zu bringen.

Vor- und Nachteile eines Debriefings

Das Debriefing ist per se eine simple Grundidee die mit einfachen Mitteln durchgeführt werden kann. Dabei entstehen Unternehmen bei konsquenter Umsetzung wesentliche Vorteile:

  • Erhöhung der Transparenz von Projekten und ihrer individuellen Erfolgs- und Scheiternsbedingungen
  • kollektiver Zugriff auf individuell gemachte Erfahrungen; kollektives Lernen
  • Unterstützung der Lernfähigkeit des Projektteams durch strukturierten Rahmen
  • Nutzbarmachung von gesammelten Erfahrungen für zukünftige Projekte
  • Vorbeugung von Wiederholungsfehlern
  • Steigerung der Leistungsfähigkeit und Qualität eines Teams

Klingt zu gut um wahr zu sein? Nun ja; es zeigen sich auch einige Nachteile bei der Durchführung von Debriefing Workshops.

  • Der zeitliche Aufwand: dieser ist je nach Umfang geringer oder größer; bei einem halbtägigen Workshop von bspe. 8 Projektteammitgliedern fallen aber deutliche Arbeitsstunden an
  • Integrierung der Mitarbeiter in bereits andere Projekte; Aufmerksamkeit und Zeitreserve für Rückblicke in bereits abgeschlossene Projekte teilweise nicht gegeben
  • Ausbleiben des Lerneffektes bei fehlender Nachbearbeitung der Maßnahmen; abgeleitete Ideen und Lernfelder werden nur produktiviert wenn diese auch Beachtung und Bearbeitung finden

Neben dem reinen Debriefing Workshop sind noch viele Varianten und Adaptionen denkbar. Vom Einzel-Selbst-Debriefing durch die Projektleitung bis hin zu wenige rstrukturierten dafür eher emotionalen Methoden wie Story Telling. Das Prinzip und die Ziele sind aber immer die selben.

Woran scheitert es in der Praxis

Wenn ein Debriefing in Projekten per se so einfach und wertvoll ist wie beschrieben, warum werden diese dann nicht durchgeführt? Ich befürchte, dass in vielen Organisationen Projektteams und Projektmitglieder a) in parallelen Projekten arbeiten und b) rasch von einem Projekt in ein nächstes Wechseln. Dabei geht vielfach die Ruhe ab sich neben den dringlichen operativen Tätigkeiten auch auf die wichtige (aber eben nicht dringliche) Tätigkeit des Debriefings zu fokussieren. Und wenn die Zeit knapp wird für die aktuellen projekte, dann nimmt man sich scheinbar auch keine Zeit für bereits abgeschlossene Projekte. Schade! Aber vielleicht machen Sie es ja auch ab jetzt anders.

Projektmanagement: Wissen aus Projekten sichern

Mag. Gerd Beidernikl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Gerd Beidernikl ist geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, der Vienna Corporate Research and Development GmbH und Lehrvortragender für Organisationssoziologie.

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