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„Leere Regale, kein Toilettenpapier, Verbote für öffentliche Versammlungen – fügen Sie einfach laufende Stromausfälle hinzu, ziehen Sie heißes Wasser ab, und schon haben Sie meine Kindheit in der Sowjetunion“, las ich unlängst auf Facebook. Wir leben wirklich in besonderen, in verrückten Zeiten. Es gelten in Zeiten der Corona-Krise neue, andere Regeln.

Die Wirtschaft liegt im kryogenischen Kälteschlaf

Seit ich mein Beratungsunternehmen vor über 3 Jahren gründete, liefen meine Geschäfte sehr gut und ermöglichten mir ein Leben in Wohlstand mit einem Hauch von Luxus. Seit Anbruch der Corona-Krise Mitte Februar habe ich keine einzige Rechnung mehr verschickt. Mein Umsatz steht seit Wochen auf Null. Ich meine damit: Null, Zero, absolut gar nichts. All meine Kundentermine wurden für März und April abgesagt. Für die Zeit danach will sich kein Kunde festlegen. Ich habe seit Jahresbeginn Angebote an meine Kunden in Höhe eines halben Jahresumsatzes geschickt. Kein einziges davon wird derzeit angenommen. Alle laufenden Projekte stehen still. Mein Geschäft befindet sich im kryogenischen Kälteschlaf ohne Aussicht auf unmittelbare Besserung. Ich lebe derzeit von meinen finanziellen Rücklagen.

Rund 500.000 Unternehmen in Österreich sind Kleinunternehmen, das bedeutet: Deutlich mehr als 90 Prozent aller Unternehmen hierzulande haben weniger als 10 Mitarbeiter. Konservativ geschätzt sind zwei Drittel von ihnen in derselben Situation wie meine kleine GmbH. Im normalen Wirtschaftsumfeld lässt sich mit den Firmen ein recht guter Gewinn erzielen, derzeit liegen sie komplett am Boden. Wenn ich das Jahr insgesamt mit minus 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr abschließen kann, bin ich hoch zufrieden. Derzeit rechne ich mit 50 bis 70 Prozent weniger Umsätzen.

Gleichzeitig explodieren die Arbeitslosenzahlen. In der ersten Woche der Ausgangssperren wurden mehr als 100.000 neue Arbeitslose beim AMS angemeldet, ein Anstieg um 25 Prozent in nur vier Tagen. Dazu kommen noch rund 20.000 Unternehmen, die ihre Mitarbeiter zu Kurzarbeit angemeldet haben.

Wer die Einkommen bezahlt

Innerhalb von nur einer Woche hat sich die wirtschaftliche Lage des Landes konservativ geschätzt so verändert, dass mindestens ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung sein Einkommen aus anderen Quellen bezieht als bisher. Nicht mehr Arbeitgeber oder Kunden bezahlen die Einkommen dieser Menschen, sondern vorwiegend der Staat in unterschiedlicher Form:

  • Härtefonds für Unternehmen in Milliardenhöhe
  • Arbeitslose finanziert aus öffentlichen Geldern
  • Kurzarbeit für Mitarbeiter, ebenfalls großteils bezahlt aus staatlichen Mitteln

Bedingungsloses Grundeinkommen

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens gibt es schon seit vielen Jahren. In Corona-Zeiten wird es defacto eingeführt. Mit großer Zustimmung der Bevölkerung werden von den Regierungen vieler Länder in aller Welt Maßnahmen verabschiedet, die den Beschäftigten finanzielle Unterstützung zukommen lassen, die durch die Ausgangssperren ihr Erwerbseinkommen verloren haben. Kurzfristig sind diese Unterstützungen wohl unumgänglich, um einen völligen Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern. Wahrer Wohlstand wird aber nicht erreicht, nur weil die Einkommen gezahlt werden, sondern nur dann, wenn möglichst viele Menschen zur Wertschöpfung eines Landes beitragen. Derzeit sitzen viele gesunde Frauen und Männer ohne wertschöpfende Arbeit zu Hause. Die kurzfristige Überbrückung finanzieller Engpässe durch staatliche Zahlungen ist nur eine Illusion, ein falscher Freund, eine Fata Morgana. Die dicke Rechnung wird am Ende noch präsentiert werden.

Langfristig gedacht ist das bedingungslose Grundeinkommen daher eine katastrophale Idee. Schließlich fundieren die staatlichen Finanzen auf den Steuerzahlungen, die derzeit massiv sinken. Als eine der ersten Krisenmaßnahmen habe ich für mein eigenes Unternehmen veranlasst, die Vorauszahlungen für die Körperschaftssteuer für dieses Jahr auf Null zu stellen. Auch Zahlungen für Umsatzsteuer sowie die Sozialversicherungsbeiträge werden derzeit gestundet. In diesen Krisenzeiten verdient auch der Staat weniger Geld an seinen Bürgern.

Wie will der Staat langfristig ein bedingungsloses Grundeinkommen aufrechterhalten, wenn es keine Einnahmen mehr gibt? Dies kann nur durch Anwerfen der Notenpresse funktionieren, was in einer verheerenden Inflation münden würde. Alles Ersparte wäre nichts mehr wert, der brave Sparer wäre damit faktisch enteignet. Wir befänden uns dann alle in der Hand des Staates, denn: Wer zahlt, schafft an. Wir hätten uns unter dem eigenen Beifall sehenden Auges in die weitgehende Abhängigkeit des Staates begeben. Das ist ein Szenario, von dem wir schon glaubten, es in Form einer liberalen Demokratie überwunden zu haben.

Unsere Lebensumstände sind ein Abbild unfassbarer Dystopien

Werfen wir doch einen kurzen Blick auf die Lebensumstände, in denen wir seit Mitte März leben:

  • Die Menschen leben in verstärkter Angst und Sorge um die Zukunft. Viele sind ohne Arbeit.
  • Ausgangssperren und Isolierung, vorwiegend von älteren Menschen.
  • Viele Großeltern sehen ihre Enkelkinder nicht mehr, viele Scheidungseltern nicht mehr ihre Kinder.
  • Das Gesundheitssystem bewegt sich an der Grenze der Belastbarkeit.
  • Schließung von Bildungseinrichtungen, Restaurants und kulturellen Einrichtungen sowie Sportevents. Kein Theater, keine Museen, kein Fußball.
  • Keine Veranstaltungen und öffentliche Versammlungen, selbst auf Spielplätzen. Auch private Feiern sind unerwünscht.
  • Die Grenzen vieler Staaten sind geschlossen. Es gibt keinen Flugverkehr.
  • Gesetze werden ohne Begutachtung beschlossen.

Die nächsten Maßnahmen stehen uns schon bevor. Heute werden unter anderem diskutiert:

  • Umfassende Überwachung aller Privatpersonen anhand der Smartphones einschließlich Bewegungsstromanalysen und individuellen Bewegungsprofilen.
  • Lockerung der finanziellen Haushaltsregeln für Staaten. Mit anderen Worten: Ein Freibrief zum unbegrenzten Schuldenmachen nach Jahrzehnten des Sparens.
  • Absage der Olympischen Spiele.
  • Einberufung der Miliz.
  • Medikamente werden ohne klinische Tests zur Behandlung eingesetzt.

Was wird wohl morgen auf der Tagesordnung stehen?

„Bei dieser Gelegenheit“-Maßnahmen

Wenn es eine Sache gibt, die wir aus der Corona-Krise gelernt haben, lautet sie: Wenn es politisch gewünscht ist, geht auf einmal alles. Menschen zu Hause einsperren, persönliche Freiheit beschränken, den demokratischen Prozess dramatisch beschleunigen, Grenzen schließen, Unternehmen schließen. In der richtigen Stimmung sind Menschen bereit, fast jedes Leid auf sich zu nehmen. Auch wenn diese Rechte und Freiheiten in jahrelanger Mühe erkämpft wurden, können sie in wenigen Wochen obsolet gemacht werden.

Gerade in Krisenzeiten heißt es, besonders wachsam zu sein und Maßnahmen zu unterscheiden, die zur Bewältigung der Situation unbedingt notwendig sind, und jene, die „bei dieser Gelegenheit“ auch gleich umgesetzt werden. Nach der Bankenkrise in den Jahren nach 2008 haben viele Unternehmen die Gelegenheit genutzt, um weitreichende Sparmaßnahmen umzusetzen. So wurde beispielsweise die Krisenstimmung dazu verwendet, um Überstundenregelungen dauerhaft in All-In-Verträge umzuwandeln, Kündigungen überteuerter Mitarbeiter auszusprechen oder Gehaltsrunden auf ein Minimum zu reduzieren, obwohl es wirtschaftlich gar nicht erforderlich war. Lange nachdem die Bankenkrise vorbei war, hielten viele Unternehmen die Mitarbeiter immer noch in Krisenstimmung, um unerfreuliche Nachrichten zu rechtfertigen, während ihre Gewinne und Aktienkurse bereits über Jahre hinweg anstiegen.

Auch die Staaten, allen voran die USA, haben nach den Anschlägen von 9/11 gezeigt, wie willfährig ein ganzes Volk unter dem Eindruck unmittelbarer Bedrohung gehalten werden kann. Wie Edward Snowden in seinem Buch „Permanent Record“ eindrucksvoll berichtete, konnten die amerikanischen Geheimdienste die Jahre nach 2001 dazu nutzen, unter dem Schock der Attentate die gesamte Menschheit auszukundschaften und alle Bewegungen im Internet abzuspeichern, bis ein besseres Verständnis des Themas IT-Security in Firmen und der Bevölkerung in den letzten Jahren diese Vorhaben wieder erschwerte.

Wachsam sein

In Krisenzeiten, sei es punktuell bei einer Gehaltsverhandlung oder längerfristig wie derzeit unter dem Eindruck der Corona-Krise, ist unser Gehirn nicht voll funktionstüchtig. Im Krisenmodus treffen wir andere, meist schlechtere Entscheidungen als in Zeiten von größerer Entspannung. Sie kennen ja die „Goldene Regel“: Wer das Gold hat, macht die Regeln. Machen Sie sich bewusst, wer derzeit Ihr Einkommen bezahlt. Für viele von uns, mich eingeschlossen, sind es derzeit nicht die Kunden, sondern der Staat. Und dieser ist es, der unser Leben derzeit bestimmt und massiv einschränkt.

Bleiben Sie daher wachsam, welche Maßnahmen Ihre Regierung angesichts der Corona-Krise ergreift, vor allem, wenn die unmittelbare Bedrohung vorüber ist. Beobachten Sie vor allem die Anzahl der Todesfälle, denn Krankheiten und Infektionen können überwunden werden. Stellen Sie immer die Frage: Wofür tun wir das alles? Für ein paar Wochen können wir alle im Ausnahmezustand unter Beraubung unserer persönlichen Rechte überleben, um die Schreckensszenarien von Millionen Corona-Toten zu vermeiden. Ein Dauerzustand sollte dies keineswegs sein. Was wird bei der nächsten Katastrophe passieren, die unter Garantie eines Tages zu uns kommen wird?

Die Vergangenheit hat gezeigt: Rechte und Freiheiten, die über Jahre und Jahrzehnte mühsam erkämpft wurden, können von Staaten und Unternehmen in einem Moment der kollektiven Ablenkung mit einem Federstreich außer Kraft gesetzt werden, um eine neue Wirklichkeit zu schaffen, in der keiner von uns leben will. Bleiben Sie achtsam, und bleiben Sie gesund.

Wer die Gehälter in Zeiten von Corona bezahlt

Dr. Conrad Pramböck | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Dr. Conrad Pramböck ist CEO bei Upstyle Consulting und Experte für Gehalts- und Karrierefragen. Er berät Unternehmen weltweit zum Thema Gehalt und ist Lektor an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen zu Compensation und Human Resource Management. Er ist Autor mehrerer Bücher über Gehalt und Karriere, unter anderem des Bestsellers "Die Kunst der Gehaltsverhandlung".

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