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Great Resignation

In vielen Medien liest man seit einigen Monaten Artikel unter der Überschrift „The great Resignation!“. Damit bringen v.a. Amerikaner ein Phänomen auf den Punkt, das angeblich seit 2021 beobachtet wird. Obwohl der Bedarf an Fachkräften steigt, kündigen scheinbar immer mehr Menschen ihre Job in der Post-Pandemie-Zeit. Das Phänomen wurde in den USA als Begriff geboren und schwappt wie gewohnt in die Diskussionen europäischer Personalistinnen und Personalisten über. Aber ist es haltbar?

INHALT

Das Phänomen mit den Namen „Great Resignation“ oder „The Big Quit“ hat sich etwa ein Jahr nach Beginn der Coronavirus-Krise in den Medien breitgemacht und wird bis heute stark breitgetreten. Seit Frühjahr 2021 wird über deutliche Anstiege der Kündigungsraten durch Beschäftigte berichtet (bspw. www.orf.at/stories/…). Obwohl der Bedarf an Fachkräften steigt, kündigen immer mehr Menschen ihre Jobs. Wie kann das sein?

COVID als Auslöser der Great Resignation?

Die Erklärung wird dabei schnell in der COVID-Phase bzw. der Pandemie-Erfahrung als solche gesucht und gefunden. Menschen hätten – geprägt von den Erlebnissen in der Pandemie-Zeit – vielfach ihren aktuellen Arbeitsplatz in Frage gestellt. Eine Theorie, die übrigens wenig auf Daten fußt sondern vielfach als Pauschalinterpretation großer Consulting-Unternehmen gesehen werden darf. Denn Knappheit am Arbeitsmarkt und Angst der Arbeitgeber ist ein gutes Geschäft.

Ein spannender Artikel in der Harvard Business Review (www.hbr.org/…/the-great-resignation-didnt-start-with-the-pandemic) wirft jüngst die These auf, dass es sich bei Weitem um keinen neuen Trend handelt sondern vielfach um eine lineare Entwicklung über die letzten 10-15 Jahre. Seit 2009 wächst dabei die monatliche Kündigungsrate von Arbeitnehmern in den USA schrittweise an. 2020 wird sie durch die Pandemie und die allgemeine Unsicherheit gebremst um 2021 mit einem Sprung auf den linearen Trend zurückzukehren. Die „Great Resignation“ wird damit zur „Great Exaggeration“.

Aktuelle Studien

Dies mildert aber nicht die Bedeutung des Trends für den Arbeitsmarkt per se – denn der Trend zu stärkerem Wechselwillen lässt sich an vielen Ecken und Enden ablesen. Er scheint aber weniger ein radikaler Sinneswandel zu sein als ein stetiger Sinneswechsel. Stepstone (www.stepstone.de/e-recruiting/wissen/the-silent-resignation) berichtet in einer seiner Studien im Jänner 2020 davon, dass
  • 40 Prozent der rund 18.000 befragten Arbeitnehmenden aktiv nach einem neuen Job suchen
  • 43 Prozent der Umfrageteilnehmenden für einen Jobwechsel offen sind.

Auch Xing (www.t3n.de/…/xing-forsa-studie-jobwechsel-…) ging der Frage nach, wie hoch die Wechselbereitschaft in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz ist. Die Umfrage unter den etwa 1.000 deutschen Arbeitnehmenden ergab, dass 37 Prozent offen für eine neue berufliche Herausforderung sind oder bereits konkrete Schritte unternommen haben.

Nicht neu – aber weitreichend

Ich betone: dies unterstreicht den Status Quo, ist aber mit Sicherheit nicht alleine Pandemie-bedingt. Schon 2016 gab es eine wenig beachtete Studie der Statistik Austria [URL nicht mehr gültig] in der Erwerbsverläufe untersucht wurden. Dabei wurden 1 Mio. im Jahr 2010 neu aufgenommene Beschäftigungsverhältnisse im Längsschnitt untersucht. Laut Statistik Austria arbeiten dabei 74% der Frauen und 81% der Männer nach zwei Jahren nicht mehr aktiv im selben Job. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beschäftigungsverhältnis nach zwei Jahren noch besteht, ist bei 25- bis 34-jährigen Personen mit einem Hochschulabschluss zwar am höchsten, allerdings liegt der Anteil bei Männern (43%) über jenem von Frauen (37%).

Kurzer Arbeitgeber-Weckruf: Die Chance, dass ein junger Hochschulabsolvent länger als 2 Jahre bei euch bleibt liegt bei rd. 40%.

Neue Verhaltensweise

Unternehmen müssen daher Strategien und Taktiken entwickeln diesen neuen Herausforderungen zu begegnen. Mehr noch als das: sie müssen einen Mindset entwickeln, der diese neue Herausforderung meistert. Unternehmen müssen von „Einkäufern“ am Personalmarkt zu „Verkäufern“ (vgl. www.HRweb.at/…/hr-recruiting-einkaeufer-verkaeufer) werden. Und gleichzeitig müssen Mechanismen entwickelt werden die talentierte Menschen im eigenen Unternehmen halten. Und diese Mechanismen sind nicht neu, nicht kompliziert und auch nicht geheim. Es geht um:

  • Arbeitsumgebungen, die Wohlbefinden fördern
  • Arbeitszeitmodelle, die Privat- und Berufsleben in Einklang halten
  • Vertrauen, dass durch Transparenz und Autonomie genährt wird
  • Lernmöglichkeiten und Raum Neues zu Erproben
  • Echte Wertschätzung jenseits von (aber auch inklusive) Gehalt

Tja…vielleicht auch die „Great Reconsideration“, auf das worum es wirklich geht im (Arbeits-)Leben.

Great Resignation | Große Austrittswelle oder Übertreibung?

Great Resignation oder Übertreibung?

Mag. Gerd Beidernikl | Teil unseres fixen Autoren-Teams

Mag. Gerd Beidernikl ist geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, der Vienna Corporate Research and Development GmbH und Lehrvortragender für Organisationssoziologie.

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