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Onboarding-Pannen und Quick Wins | Learnings für Unternehmen

26Jun2025
7 min
Onboarding Pannen & Quick Wins

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Ein gelungener Onboarding-Prozess kann neue Mitarbeitende begeistern – doch was passiert, wenn er scheitert? Führungskräfte und HR-Experten berichten über ihre größten Pannen und die besten Quick Wins für einen erfolgreichen Start.

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Experten-Interview

Onboarding-Pannen

Welche größte Panne erlebten Sie persönlich bisher bzgl. Onboarding?

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)

Sehr, sehr viele. Eine der größten Pannen, die ich im Onboarding erlebt habe, war das Fehlen grundlegender Ressourcen: ein Start ohne IT-Ausrüstung oder Zugriffskarten, und die Führungskraft war abwesend. Das Team war nicht informiert, und ein klarer Plan für die ersten Wochen fehlte vollständig.

Solche Versäumnisse erschweren den Einstieg erheblich und hinterlassen einen schlechten Eindruck. Zum Glück bin ich autodidaktisch veranlagt, sonst wäre ich vermutlich davon gelaufen.  

Mag. Gerd Liegerer, MBA (Bud & Terence)

Es ist eigentlich gar nicht zu glauben, aber die größte Panne war jene, dass der neue Mitarbeitende am ersten Tag ins Unternehmen kam und niemand wusste wer diese Person ist und dass diese überhaupt dort zu arbeiten beginnt. Die Geschäftsführung hat die Einstellung im Alleingang vorgenommen und war an diesem ersten so wichtigen Tag nicht im Büro anwesend. Meist spricht so eine „Aktion“ Bände und auch in diesem Fall blieb es nicht bei dem ersten schlechten Eindruck und der neue Mitarbeitende ist noch im Probemonat von sich aus gegangen.

Xenia Bossowa (FH des BFI Wien)

Die „Panne“ war im Nachhinein betrachtet eigentlich ein lustiges Erlebnis, führte aber bei dem neuen Mitarbeiter – damals Praktikant im ersten Unternehmen, in dem ich HR aufbauen durfte – zu einem großen Schamgefühl, das hätte vermieden werden können:

Das schnell wachsende Startup wurde von vier jungen Gründern, davon 2 unter 30 Jahren, geleitet und wir stellten jeden Monat bis zu 20 neue Personen ein. Darunter viele Praktikanten, die für 3 bis 6 Monate blieben. Der Fokus lag damals beim Recruiting. Es ging darum, möglichst rasch in viele Länder zu expandieren und wir hatten als einzige standardisierte Onboarding-Maßnahme einen Vormittag pro Monat, an dem alle letzten Neuankömmlinge die Gründer, die Produkte und Werte des Startups kennenlernten.

Dieser Vormittag war noch ausständig für den neuen Praktikanten und so steht er eines Morgens in der Küche, wo für alle frisches Obst, Müsli und Getränke kostenfrei bereitstanden. Er macht sich gerade sein Frühstück, als einer der jungen Gründer hereinkommt, um sich einen Kaffee zu holen. Der Praktikant reagiert freundlich auf dessen Lächeln und fragt: „Und, in welcher Abteilung machst du dein Praktikum?“ Wir können uns alle vorstellen, wie peinlich es dem Praktikanten war, als er aufgeklärt wurde, dass der Gründer und Geschäftsführer ihm gerade persönlich gegenüber stand. Mit dem heutigen Wissen und den digitalen Möglichkeiten insbesondere im Hinblick auf das Preboarding hätte ich dem Praktikanten solch ein Fettnäpfchen leicht ersparen können.

Quick Wins

Wo sind die genialsten Quick Wins im Onboarding zu finden?

Xenia Bossowa (FH des BFI Wien)

Quick Wins bei der Einarbeitung entstehen oft durch kleine, aber sinnvolle Maßnahmen, die die Employee Experience der neuen Mitarbeitenden radikal verbessern. Das Versenden einer persönlichen Begrüßungsnachricht oder eines Care-Pakets mit gebrandeten und brauchbaren (!) Goodies vor dem ersten Arbeitstag schafft beispielsweise schon früh ein Gefühl der Zugehörigkeit. Der einfache, möglichst digitale Zugang zu allen notwendigen Ressourcen (z.B. Richtlinien, Organigramme mit Fotos und häufig gestellte Fragen) im Voraus baut Ängste ab und stärkt das Vertrauen.

Darüber hinaus zeigt ein Treffen mit den Gründern bzw. dem Führungsteam im ersten Monat das Engagement des Unternehmens für seine Mitarbeitenden. Wenn die Kollegen sich auch noch ernsthaft interessieren und z.B. beim gemeinsamen Mittagessen nicht nur die ersten Erfolge herausstellen, sondern auch nachfragen, wobei sie unterstützen können, dann wird eine gute Basis für echte und ehrliche Verbindungen gelegt.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)

Die genialsten Quick Wins im Onboarding liegen in einer gut vorbereiteten Infrastruktur und Organisation: eine funktionierende IT-Ausrüstung, bereits vereinbarte Termine für die erste Woche, inklusive eines gemeinsamen Mittagessens sorgen für einen angenehmen Einstieg. Ein Buddy als Ansprechpartner für persönliche Anliegen erleichtert die individuelle Integration ins Team und entlastet die Führungskraft.

Benedikt Brand (Flip)

Die KI-gestützte Automatisierung ist sicher der wichtigste Quick-Win für HR-Teams, da sie den Prozess rationalisiert, den Zeitaufwand für manuelle Tätigkeiten minimiert und das Potenzial für menschliches Versagen deutlich reduziert. Wir konnten feststellen, dass die Automatisierung wichtiger Onboarding-Workflows die Fehlzeiten der Mitarbeitenden reduziert, das Engagement vom ersten Tag an fördert und die Zeitspanne bis zur Spitzenproduktivität verkürzt.

Zu diesen Workflows gehören die Einführung der Mitarbeitenden, Schulungen, die Bereitstellung wichtiger Ressourcen sowie routinemäßige Check-ins. Diese Effizienzsteigerungen ermöglichen es HR-Teams, sich auf die strategischen und persönlichen Aspekte der Integration neuer Mitarbeitenden zu konzentrieren. Dank konsistenter und skalierbarer Prozesse ist zudem sichergestellt, dass alle neuen Teammitglieder die gleiche erstklassige Einführung in das Unternehmen erhalten.

Mag. Thomas Kronsteiner (Abacus Umantis)

Die besten Quick Wins im Onboarding sind einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen, die neuen Mitarbeitenden den Einstieg vereinfachen. Von großem Vorteil ist beispielsweise strukturierter Kontakt zu zukünftigen Mitarbeitenden schon ab der Vertragsunterschrift. Das stärkt die Bindung und hält die Motivation bis zum ersten Arbeitstag hoch.

Ein weiterer positiver Aspekt ist ein dynamischer Newsfeed oder ein Onboarding-Portal. Darin werden alle relevanten Informationen gebündelt und laufend aktualisiert, sodass neue Mitarbeitende jederzeit Zugriff darauf haben.

Ein weiterer entscheidender Quick Win ist die Bereitstellung eines Buddys. Durch eine direkte Ansprechperson erhalten die Onboardees Orientierung und Sicherheit, was den Einstieg ins Unternehmen erleichtert und eine schnellere Integration fördert.

Mag. Barbara Schreiber (Schulmeister Management Consulting)

Um für ein herzliches Willkommen zu sorgen, eignen sich kleine Begrüßungsgeschenke besonders gut. Das können Werbemittel mit Firmenlogo sein, etwas Praktisches wie eine Tasse oder aber auch einfach ein Notizbuch mit Stift. Das ist wichtig, weil es neuen Kollegen dabei hilft, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren. Es ist aber auch effektiv, den ersten Arbeitstag durch ein gemeinsames Mittagessen oder einen lockeren Austausch mit den Kollegen persönlich zu gestalten. So wird sich der neue Mitarbeitende schnell wohlfühlen. Zur Motivation ist es außerdem ratsam, während der Einschulung nicht nur Vorträge zu halten, sondern dem Mitarbeitenden bereits in den ersten Tagen kleine, sinnvolle Aufgaben zuzuweisen.

Digitales Onboarding

Wie kann Digitalisierung Onboarding unterstützen?

Mag. Thomas Kronsteiner (Abacus Umantis)

Ohne Digitalisierung ist ein effizientes Onboarding kaum noch möglich. Ein zentrales Onboarding-Portal, das bereits ab der Vertragsunterschrift zur Verfügung steht, bietet die ideale Lösung, um den gesamten Prozess strukturiert und nahtlos zu gestalten. Es ermöglicht, alle Aufgaben und Informationen digital zu bündeln – von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Ende der Probezeit.

Mag. Cornelia Schwaminger (and-us)

Die Digitalisierung unterstützt ein gelungenes Onboarding durch klare Strukturen und effiziente Prozesse und Tools. Checklisten können digital abgebildet werden, um alle Schritte transparent und nachvollziehbar zu machen und Fehleranfälligkeiten zu reduzieren. Verantwortlichkeiten für Einschulungsaufgaben können zugewiesen und Deadlines gesetzt werden, was eine reibungslose Koordination ermöglicht. Virtuelle Einschulungen und KI-basierte Anwendungen sind kosten- und zeiteffizient und eine gute Ergänzung zum persönlichen Onboarding.

Mag. Barbara Schreiber (Schulmeister Management Consulting)

In Zeiten der Digitalisierung ist es nicht mehr notwendig, dass jeder einzelne Arbeitsschritt und jede Anleitung dem neuen Mitarbeitenden persönlich erklärt wird. Stattdessen kann ein digitaler Infopoint, der kurze Videos zu den wichtigsten internen Abläufen und Prozessen enthält, Zeit und Ressourcen sparen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der zwischenmenschliche Kontakt vernachlässigt werden sollte – im Gegenteil: Es ist wichtig, neue Kollegen auch auf persönlicher Ebene abzuholen. Eine digitale Lösung kann hierbei unterstützend wirken.

Xenia Bossowa (FH des BFI Wien)

Lernmanagementsysteme (LMS) und Employee-Experience-Plattformen können interaktive und personalisierte Onboarding-Inhalte bereitstellen, von Compliance-Schulungen bis hin zu rollenspezifischen Modulen, so dass die Mitarbeitenden in ihrem eigenen Tempo lernen können. Virtuelle Onboarding-Lösungen, wie z. B. 360°-Video-Führungen und Tools für die digitale Zusammenarbeit, erleichtern die Zusammenarbeit mit Teams in remote oder hybriden Umgebungen.

Die Automatisierung administrativer Aufgaben – wie die Unterzeichnung von Dokumenten, die Bereitstellung von IT-Zugängen und Workflow-Benachrichtigungen – verringert Risiken etwas zu vergessen und steigert die Zeit, die HR-Verantwortliche mit wertvollen persönlichen Gesprächen mit den neuen Mitarbeitenden verbringen können. Zusätzlich gibt es intuitiv bedienbare Preboarding-Apps, die den Einstieg für neue Mitarbeitende spielerisch erleichtern sollen, beispielsweise mit einem Quiz zum richtigen Dresscode im Unternehmen.

Benedikt Brand (Flip)

Die Digitalisierung kann den Onboarding-Prozess erheblich verbessern, nicht zuletzt durch den Einsatz von KI-gestützten Low-Code-Chat-Agents. Diese Tools ermöglichen personalisierte Onboarding-Erlebnisse und steigern zudem die Effizienz.

Moderne Agents mit KI-Unterstützung können eine Vielzahl von Onboarding-Prozessen automatisieren, beispielsweise die Begrüßung neuer Mitarbeitender, die Vorstellung neuer Kollegen, die Vermittlung der Unternehmenswerte und -ziele, die Erstellung von Onboarding-Checklisten und deren Nachverfolgung, die Beantwortung von Fragen, die Umsetzung von Schulungen, die Kontaktaufnahme mit neuen Mitarbeitenden sowie die Erfassung des Mitarbeiter-Feedbacks während ihres beruflichen Werdegangs. Die Fortschritte in der KI ermöglichen es, neuen Mitarbeitenden all diese Erfahrungen mithilfe natürlicher Sprache, intuitiver Workflows und eines menschenzentrierten Ansatzes zu vermitteln.

Fazit

Ein gelungenes Onboarding beginnt nicht erst am ersten Arbeitstag – und Pannen wie fehlende IT-Ausrüstung oder peinliche Begegnungen mit der Chefetage zeigen, wie essenziell gute Vorbereitung ist.

Quick Wins wie persönliche Begrüßungsnachrichten, Buddy-Programme oder digitale Onboarding-Portale können den Einstieg erheblich erleichtern und das Zugehörigkeitsgefühl stärken.

Besonders die Digitalisierung spielt eine Schlüsselrolle: Automatisierte Prozesse, KI-gestützte Chatbots und interaktive Lernplattformen reduzieren den administrativen Aufwand und schaffen Raum für das, was wirklich zählt – eine wertschätzende und nachhaltige Integration neuer Mitarbeitender.

 

Interviewte Personen

Onboarding-Pannen und Quick Wins | Learnings für Unternehmen

Mag. Cornelia Schwaminger

Cornelia Schwaminger, AndUS

Mag. Thomas Kronsteiner

Thomas Kronsteiner, Abacus Umantis AG

Xenia Bossowa

Xenia Bossowa, FH BFI

Benedikt Brand

  • CEO
  • Flip
Benedikt Brand, Flip, Onboarding
Mag. Gerd Liegerer, MBA
  • CEO
  • Bud & Terence GmbH
Gerd Liegerer, Bud&Terence

Mag. Barbara Schreiber

  • Prokuristin, Personalberaterin
  • Schulmeister Management Consulting GmbH
Barbara Schreiber, Schulmeister, Onboarding

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