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Offboarding mit Weitblick | Der letzte Eindruck zählt genauso wie der erste

13Jun2025
6 min
Offboarding mit Weitblick

HR-Know-how aus der Praxis für die Praxis

Inhalt

Wie Unternehmen ausscheidende Mitarbeitende behandeln, sagt viel über ihre Werte aus – ein strategisch durchdachtes Offboarding stärkt die Loyalität und minimiert Risiken. Experten geben im Interview Einblick.

Offboarding

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Experten-Interview

Wichtige Offboarding Schritte

Welche Schritte sind im Offboarding sinnvoll?

Michaela Buttazzoni (BDO Consulting)

Eine transparente Kommunikation im Zuge eines professionellen Offboardings ist ein erster essenzieller Schritt. Nicht nur das Team, sondern alle relevanten Abteilungen müssen zeitgerecht informiert werden, um Unsicherheiten und Gerüchte zu vermeiden. Als Nächstes sollte eine geordnete Übergabe sichergestellt werden, um einem Wissensverlust zu verhindern. Nicht außer Acht zu lassen sind natürlich auch sämtliche administrative Abwicklungen wie z.B. Überprüfung von Urlaub und Überstunden, Aufsetzen von Dienstzeugnis und Schließen aller Zugriffsrechte zu firmeninternen Tools. Einer der wichtigsten Schritte im Offboarding ist das Austrittsgespräch. Anhand eines offenen Feedbacks können Optimierungspotenziale erkannt werden. Feedback ist eines der wertvollsten Tools!

Die Rückgabe von Firmeneigentum wie Laptop, Handy, Schlüssel etc. muss auch ordnungsgemäß erfolgen. Nicht zu vergessen ist ein wertschätzender, würdevoller Abschied. Eine Mitgliedschaft in einem Alumni-Club kann so einen Abschied auch unterstützen. Man sieht sich immer mindestens 2x im Leben!

Last but not least – sollte sich das Unternehmen vom Mitarbeitenden getrennt haben – ist eine professionelle Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung, wie eine New Placement Begleitung, noch das „i“-Tüpfelchen im Zuge eines fairen Offboardings,

Oliver Heun-Lechner (Outplacement.house)

Im Offboarding-Prozess sollten sowohl das WAS, als auch das WIE gleichermaßen im Fokus stehen. Neben formalen und administrativen Schritten sind der Wissenstransfer, IT- und Sicherheitsmaßnahmen, eine klare interne und externe Kommunikation sowie die Nachbereitung mittels Analysen essenziell.

Um Kosten und Risiken wie Reputationsschäden, negative Bewertungen, beschädigte Kundenbeziehungen oder ineffizientes Employer Branding zu minimieren, sind Fairness und eine ehrliche Kommunikation unverzichtbar. Besonders wichtig ist es, der verbleibenden Belegschaft Aufmerksamkeit zu schenken, um Unsicherheiten und Demotivation vorzubeugen.

Geben Sie ausscheidenden Mitarbeitenden die Wertschätzung, die sie für ihre erbrachte Leistung verdient haben. Das stärkt nicht nur die Unternehmenskultur, sondern hinterlässt auch einen positiven Eindruck bei allen Beteiligten.

Wessen Aufgabe ist Offboarding?

Wessen Aufgabe sind diese einzelnen Schritte?

Erich Nepita (LHH|OTM)

Offboarding ist keine isolierte Einzelaufgabe, sondern ein integraler Bestandteil der Employee Journey. Es sollte von Anfang an mitgedacht und nicht erst dann zum Thema werden, wenn eine Person das Unternehmen verlässt. Der gesamte Prozess ist eine Teamaufgabe, bei der mehrere Rollen ineinandergreifen müssen.

Die Hauptverantwortung liegt bei HR, da hier die strukturellen und administrativen Aspekte gebündelt werden. HR sorgt dafür, dass alle rechtlichen, vertraglichen und organisatorischen Rahmenbedingungen eingehalten werden und dass der Offboarding-Prozess professionell abläuft. Gleichzeitig sollte HR eine moderierende Rolle einnehmen, um eine wertschätzende Trennungskultur zu etablieren.

Die Führungskraft spielt eine zentrale Rolle im Offboarding. Sie ist oft die erste Ansprechperson und trägt maßgeblich dazu bei, wie der Trennungsprozess wahrgenommen wird – sowohl von der betroffenen Person als auch vom verbleibenden Team. Eine Führungskraft, die sich frühzeitig und empathisch mit dem Offboarding auseinandersetzt, kann den Übergang positiv beeinflussen und negative Effekte auf die Unternehmenskultur minimieren.

Im idealen Szenario wird auch das Top-Management in den Offboarding-Prozess einbezogen. Warum? Weil scheidende Mitarbeitende eine einzigartige Perspektive auf das Unternehmen haben. Sie erleben die Organisation ohne die interne Betriebsblindheit und können wertvolle Einsichten liefern – sei es in Bezug auf Verbesserungspotenziale oder als „Realitätscheck“ für die Unternehmensstrategie. Unternehmen, die diese Rückmeldungen ernst nehmen und auf Augenhöhe mit Ex-Mitarbeitenden im Gespräch bleiben, profitieren langfristig von diesem Wissen.

Zusammengefasst: Erfolgreiches Offboarding ist eine geteilte Verantwortung. HR setzt den Rahmen, die Führungskraft gestaltet den individuellen Prozess, und das Management profitiert von den gewonnenen Erkenntnissen. Unternehmen, die Offboarding als Teil ihrer Kultur verstehen, sorgen nicht nur für einen reibungslosen Abschied, sondern auch für eine positive Außenwirkung – und das kann langfristig den Unterschied in der Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber ausmachen.

Michaela Buttazzoni (BDO Consulting)

Gerne wird das Thema Offboarding der HR-Abteilung überlassen. Wer spricht eine Promotion aus? Die Führungskraft. Deshalb ist es logisch, dass auch ein professionelles Offboarding zumindest in Zusammenarbeit von Führungskraft und HR-Abteilung zu erfolgen hat.

Es ist auf verschiedene Mitwirkende verteilt.

  • Die Führungskraft trägt die Hauptverantwortung für die Wissensübergabe, das Exit-Gespräch sowie die Kommunikation im Team.
  • Die HR-Abteilung kümmert sich vor allem um die vertraglichen und organisatorischen Aspekte, auch oft um das Exit-Gespräch.
  • Payroll klärt offene Gehaltszahlungen, Bonusansprüche oder sonstige Abrechnungen.
  • Die IT-Abteilung verantwortet die Deaktivierung von Zugängen und Rückgabe von Hardware, Sicherstellung der Datensicherung und Übergabe relevanter Dokumente, Verwaltung von Softwarelizenzen und Berechtigungen.

Eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten macht ein reibungsloses Offboarding erst möglich.

Die große Relevanz

Weshalb ist gutes Offboarding so wichtig?

Oliver Heun-Lechner (Outplacement.house)

Ein gutes Offboarding ist entscheidend, da es weit über den Abschied eines Mitarbeiters hinausgeht und sowohl die Unternehmenskultur als auch die Außenwahrnehmung prägt. Es stärkt das Arbeitgeberimage, da ehemalige Mitarbeitende als Botschafter des Unternehmens auftreten und ihre Erfahrungen teilen. Ein professioneller Prozess sorgt zudem für einen reibungslosen Wissenstransfer, minimiert Wissensverluste und erleichtert die Übergangsphase. Gleichzeitig zeigt ein respektvoller Umgang Wertschätzung, was die Motivation und Loyalität der verbleibenden Belegschaft fördern kann. Ein strukturiertes Offboarding reduziert Risiken wie Datenverluste oder Compliance-Probleme und schafft die Grundlage für zukünftige Beziehungen – sei es durch positive Netzwerkeffekte oder potenzielle Rückkehr von Mitarbeitenden.

Insgesamt ist ein gelungenes Offboarding ein Zeichen von Professionalität und eine Investition in die langfristige Attraktivität des Unternehmens.

Erich Nepita (LHH|OTM)

Ein professionelles Offboarding beginnt mit einer grundlegenden Frage: Warum verlassen Mitarbeitende das Unternehmen? Die Einordnung der Fluktuation ist essenziell – nicht jede Kündigung ist gleich. Gehen die Falschen? Bleiben die Richtigen? Oder, noch provokanter gefragt: Hat das Unternehmen wirklich die Kontrolle darüber, wer bleibt und wer geht?

Früher hieß es doch: „Man kommt wegen der Marke und geht wegen dem Chef.“ Doch ist dieser Satz heute noch gültig? Vielleicht trifft es eine neue Realität besser: „Man kommt wegen der Marke und geht wegen der fehlenden Weiterentwicklung.“ Wenn Talente das Unternehmen verlassen, weil sie keine Perspektive sehen, ist das kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles. Gutes Offboarding setzt daher früher an – nicht erst, wenn die Kündigung auf dem Tisch liegt, sondern schon mit einer gezielten Personalstrategie, die Entwicklungsmöglichkeiten schafft.

HR trägt hierbei eine zentrale Verantwortung: Wo braucht es Outplacement und wo sollten Unternehmen viel früher ansetzen, um Fluktuation gar nicht erst zur Herausforderung werden zu lassen? Eine durchdachte Offboardingstrategie ist kein administrativer Abschluss, sondern eine Chance, aus jedem Abgang zu lernen – durch Feedbackgespräche, eine ehrliche Analyse und konkrete Maßnahmen.

Letztlich gilt ein einfacher Grundsatz: Man sieht sich immer zweimal im Leben. Ob als zukünftiger Wiedereinsteigerin, als Geschäftspartnerin oder als Multiplikatorin am Markt – wer sein Offboarding professionell gestaltet, profitiert langfristig von einem starken Talent-Netzwerk. Ein schlechtes Offboarding hingegen hinterlässt verbrannte Erde. Unternehmen, die das verstehen, machen den entscheidenden Unterschied – nicht nur in der Außenwirkung, sondern auch in ihrer Fähigkeit, langfristig die richtigen Talente zu halten.

Fazit

Gutes Offboarding beginnt nicht erst mit der Kündigung, sondern ist Teil einer durchdachten Personalstrategie. Wer Talente verliert, sollte nicht nur den Abschied gestalten, sondern die Gründe für die Fluktuation verstehen.

Professionelle Prozesse verhindern Wissensverluste, stärken das Vertrauen der verbleibenden Belegschaft und minimieren Risiken. Unternehmen, die es als Chance begreifen – sei es entweder durch wertschätzende Exit-Gespräche oder Alumni-Netzwerke – profitieren langfristig. Denn in der Geschäftswelt trifft man sich immer wieder, und ein respektvoller Abschied kann der Beginn einer zukünftigen Zusammenarbeit sein.

Interviewte Personen

Offboarding mit Weitblick | Der letzte Eindruck zählt genauso wie der erste

Oliver Heun-Lechner

Oliver Heun-Lechner, Outplacement House, Offboarding

Michaela Buttazzoni

Michaela Buttazzoni, BDO

Erich Nepita

Offboarding mit Weitblick

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