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Coaching-Ausbildungen (in denen es um zutiefst persönliche Kompetenzen geht), großteils online durchzuführen, ist herausfordernd. Doch machbar. Worin liegen die Vorteile digitaler Coaching-Ausbildungen?

Ich gehe den Vor- und Nachteilen auf die Spur – sowohl für Teilnehmer als auch für Anbieter.

 

 


Coaching-Ausbildung


 

Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in der Digitalisierung von Coaching-Ausbildungen für Sie als Anbieter und für die Teilnehmer?

Mag. Dagmar Grafeneder (KICK OFF): Ein Thema, das im hybriden Lehrgangssetting nicht oder nur in abgeschwächter Form von den Teilnehmenden erlebt werden kann, ist die Gruppendynamik innerhalb des Teilnehmerkreises. Nun wäre es natürlich zu diskutieren, ob das ein Vor- oder Nachteil ist.
Für die Selbstreflexion der Teilnehmenden ist die Erfahrung innerhalb der Gruppe natürlich sehr wertvoll. Vor allem für diejenigen, die sich später im Teamcoaching profilieren wollen. Für die Vortragenden kann es durchaus ein Vorteil sein, sich nicht mit der heftigen Gruppendynamik im Lehrgang beschäftigen zu müssen. Umso mehr Fokus kann auf die zu vermittelnden Inhalte gelegt werden.
Das Lernen findet in diesem hybriden Setting mehr für sich alleine statt. Die geringere Verbindung mit der Teilnehmergruppe mag damit vielleicht zu einem Hemmschuh in der gegenseitigen Offenheit, Reflexionsbereitschaft oder gegenseitiger Unterstützung unter den Teilnehmenden werden.
Ein klarer Vorteil ist hingegen die Qualität und Quantität der zur Verfügung gestellten Materialien. Dadurch sind Wiederholungen leichter möglich und auch genaue Analysen von spezifischen Aufgaben. Filmsequenzen können mehrmals durchleuchtet werden. Bei jedem weiteren Durchgang ist dann die Einnahme eines anderen Blickwinkels möglich.
Aus unserer Sicht geht es aber nicht nur um die Bewertung der Vor- und Nachteile. Die richtige Passung, also die passenden Tools zur passenden Zeit, ist aus unserer Sicht entscheidend.

Veronika Aumaier, MAS, MSC (Aumaier Consulting I Training): Klarer Vorteil: Teilnehmer, die einen langen Anfahrtsweg haben, oder aufgrund der familiären Situation am Ausbildungsort nicht nächtigen möchten, kann eine online Weiterbildung eine sinnvolle Zeitersparnis oder „Familiy Quality Time“ mit sich bringen. Und wenn reine Wissensvermittlung, speziell auch für große Zuhörergruppen, wo Break Out Sessions ausreichend für die vorgesehenen Übungen sind, kann sich ein Online-Angebot in Zukunft sicherlich dauerhaft etablieren.
Als essentiell nachteilig erleben Teilnehmer das Rauskommen aus dem Alltag und das fehlende Gefühl des Miteinanders und des Praxistransfers, der durch gemeinsames, praktisches Üben und durch das Lernen von den Anderen gegeben ist. Technische Schwierigkeiten und Internetinstabilitäten bei Teilnehmern während der Online Sessions können oftmals nicht beeinflusst werden und bilden große Störfaktoren für die Teilnehmenden.

Michaela Baumgartner (Group Austria): Um ein Fehlen des persönlichen Austausches mit einer Gruppe und das Üben mit Anderen auszugleichen, haben wir zwei verpflichtende Gruppenpraxistage in der Masterclass Business Coach mit unterschiedlichen Themen zur Auswahl (diese finden ebenfalls virtuell statt).

Miglena Doneva-Doncheff (ITO): Als Vorteile für die Teilnehmer sehe ich die Flexibilität was Ort, Zeit und Device betrifft. Durch die Kombination zwischen kurzen Live-Sessions und Blended Learning hat man Zeit, sich in die Inhalte zu vertiefen und man kann schon zwischen den Sessions das Gelernte in die Praxis umzusetzen. Wenn man an unseren englischen Online-Trainings teilnimmt, hat man die Möglichkeit, sich mit Teilnehmern aus der ganzen Welt zu vernetzen. Die Teilnehmer lernen über die Online-Umgebung und sammeln Erfahrung darin; Wissen und Fähigkeiten, die immer wichtiger sind – auch für unsere tägliche Kommunikation.
Als Nachteile sehe ich, dass die Teilnehmer keinen persönlichen Kontakt zueinander haben und es manchmal mehr Zeit brauchen kann, bis man eine Beziehung aufgebaut hat. Zum Glück wissen wir, dass es auch online sehr gut funktionieren kann.
Als Vorteile für die Coaching-Schulen sehe ich die größere Reichweite. Erickson hat Teilnehmer aus 114 Ländern. Man hat auch die Möglichkeit, Vortragende aus allen Teilen der Welt ohne zusätzliche Kosten einzuladen.
Für Ausbildungs-Institute ist es ein Nachteil, dass große Investitionen notwendig sind, wenn man das Online-Training wirklich professionell aufbauen möchte.

Dr. Michael Tomaschek (E.S.B.A): Die Interaktionen und Übungen sind, wie wir seit vielen Jahren aus der Anwendung des Online Coaching Settings wissen, direkt zu vergleichen mit einer face2face Situation. Gerade im Business Coaching geht es primär um den gesprochenen Inhalt und die Arbeit an der Struktur der Themenstellungen, diese sind gerade im Online-Setting durch die Reduktion der Gesamtwahrnehmung verstärkt im Fokus und werden durch die digitalen Tools effektiver bearbeitbar. Selbst körperorientierte Interventionen sind online ebenso durchführbar und können daher in diesem Lehrgangsformat erlernt werden.
Die Unterschiede dieser beiden Lehrgangsformate sind zum einen, dass die online Lehrgänge in einem längeren Zeitraum stattfinden- da Module zeitlich kürzer sein müssen, aufgrund der höheren Konzentration und einseitigen Anforderung an die Bildschirmarbeit. Dies ist Vorteil und Nachteil zugleich, da die Lehrgänge damit eine höhere Frequenz der einzelnen Module und damit eine häufigere Auseinandersetzung und Übungsmöglichkeit mit sich bringen.
Andererseits fehlt in dem Online-Format die persönliche Interaktion der Teilnehmer, im Sinne des Socialising und auch das persönliche Kennenlernen ist mit einer anderen Intensität in den vor Ort Lehrgängen möglich. Die Gruppendynamik hat auch einen wesentlichen Beitrag und Effekt im Lernen von sozialen Kompetenzen, um die es ja auch in Coaching Ausbildungen gehen sollte. Gerade die Haltung und die persönliche Beziehungsgestaltungs-Kompetenz wird im unmittelbaren ganzkörperlichen erleben wesentlich intensiver und damit lehrreicher erfahrbar als in einem distanzierten Setting wie im online Format.

Eva Rechberg (Systworks): Die Vorteile für Teilnehmende und Vortragende:

  • Zeiten wie diese (weniger Kontakte, weniger Freizeitaktivitäten) für eine sinnstiftende Ausbildung nützen zu können
  • Schärfung der eigenen Aufmerksamkeit durch Konzentration auf Sprache und Beobachtbares
  • Ortsungebunden

Nachteile sind mit denen der online meetings vergleichbar:

  • Online Ausbildungen sind anstrengender, da die Wahrnehmung aus neurowissenschaftlicher Sicht für das Gehirn fordernder ist.
  • Die Qualität ist von der jeweiligen Internetverbindung abhängig.

FH-Prof. Dr. Christina Schweiger (FHWien der WKW): Gerade im Hybridmodell sehe ich viele Vorteile: die Studierenden bzw. angehendes Coaches erfahren in allen Übungen beide Perspektiven (virtuell und Präsenz) am „eigenen Leib“ – und das jeweils aus der Rolle des Coaches und der Rolle des Coachees. Somit entwickeln wir Coaching-Kompetenzen für alle zukunftsrelevanten Situationen.

Wie kann man am besten von einer digitalen Coaching-Ausbildung profitieren?

Miglena Doneva-Doncheff (ITO): Man braucht die richtige Einstellung. Man muss sich darauf einlassen können und neugierig darauf sein, die Coaching-Situation anders zu erleben und neue Wege in der Kommunikation zu lernen.

Wie könnte die Zukunft von Coaching-Ausbildungen aussehen?

Mag. Sabine Prohaska (seminar consult): Nach meiner Einschätzung wird es künftig zwar vermehrt reine Online-Coaches geben. Diese werden vermutlich jedoch hauptsächlich im B2C-Bereich tätig sein, wenn die Zielgruppe weitgehend Selbst- bzw. Privatzahler sind.
Beim Business-Coaching-Bereich – also im B2B-Bereich – hingegen werden sich, so unsere Erwartung, zunehmend primär hybride Coachingformate etablieren, bei denen das Coaching bedarfsabhängig und zielabhängig mal bei persönlichen Treffen und mal online erfolgt. Deshalb müssen Coaches in beiden Coaching-Formen eine Expertise haben (ebenso bei Coachen per Telefon.)
Ähnlich sieht es bei den Coachingprozessen  aus, die künftig im Rahmen größerer Personalentwicklungsmaßnahmen integriert sind. Auch diese werden künftig zumeist einen hybriden Charakter haben. Das heißt, die Coachings werden u.a. themen- und zielgruppenabhängig, mal als Präsenz- und mal Online-Coachings sein.

Ich habe noch 2 Überlegungen, die sich aus den letzten Monaten speisen:

  1. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie erlebt auch das Telefon-Coaching einen Boom – auch weil viele Mitarbeitende verstärkt im Homeoffice Dieses wird auch künftig bei der Personalentwicklung bzw. Mitarbeiterförderung eine größere Rolle spielen – insbesondere im firmeninternen Bereich, wenn zum Beispiel die Führungskräfte als Coaches ihrer Mitarbeitenden agieren.
  2. In der Vergangenheit wurde Coaching primär als Personalentwicklungs- und weniger auch als Organisationsentwicklungsinstrument gesehen. Deshalb waren die Coachings zumeist auch Einzelcoachings. Diese Sichtweise ändert sich allmählich, weshalb verstärkt auch Team- und Projektcoachings nachgefragt werden.

Corinna Ladinig, MBA (CTC Academy): Ich denke, dass gut durchdachte Blended Learning Konzepte (weiter)entwickelt werden, die das Beste aus beiden Welten d.i. Online-Elemente und Präsenzelemente vereinen. Die Online-Elemente werden zur Vermittlung von der Theorie und zur Vorbereitung auf die Präsenzmodule eingesetzt. In den Präsenzmodulen hat man dann mehr Zeit zum Üben, zur Selbstreflexion und zum Nachfragen. Auf einer Lernplattform kann ein hoch interessanter Wissenspool rund um das Thema Coaching entstehen.

Welche Fähigkeiten sind für hybrides Coaching (ein Mix aus virtuellem und Präsenz-Coaching) besonders relevant?

FH-Prof. Dr. Christina Schweiger (FHWien der WKW): An vorderster Front steht nach wie vor die Methodenkompetenz, keine Frage. Diese erweitert sich aktuell um die E-Methodenkompetenz: erstens zu wissen, wann funktioniert Coaching im virtuellen Setting und mit welchen Tools kann hier folglich sicher und zielorientiert gearbeitet werden. Und zweitens auch zu wissen, in welchen Situationen und bei welchen Fragestellungen und Themen ein virtuelles Setting an seine Grenzen stößt und es hier dann ein Präsenzsetting braucht.
Weiters beobachte ich, dass die Bedeutung der Selbstkompetenz mehr an Bedeutung gewinnt. Wir arbeiten mit unseren Studierenden fortwährend an der eigenen Reflexions- und Ressourcenkompetenz. Das heißt, auch regelmäßig zu sehen, wie geht es mir als Person, als Coach? Achte ich auf meine Ressourcen, auf meinen Energielevel? Wie kann ich mich diesbezüglich selbst stärken?
Von einem meiner Coaching-Ausbildner habe ich einmal im Kontext von Teamcoaching den Satz gehört: „Einem im Raum muss es gut gehen – und das ist der Coach selbst!“ Dieser Satz gewinnt v.a. in unseren aktuellen und künftigen virtuellen/hybriden Coaching-Welten einmal mehr an Bedeutung!

Danke, Christina, das lasse ich gerne als Schlusssatz stehen: „Einem im Raum muss es gut gehen – und das ist der Coach selbst!“

Digitale Coaching-Ausbildungen | Vorteile für Teilnehmer und Anbieter

Die Gesprächspartner


HRwebMag. Dagmar Grafeneder
Gesellschafterin, Beraterin

KICK OFF Management Consulting GmbH


Michael Tomaschek, ESBADr. Michael Tomaschek
Leitung der Akademie

E.S.B.A- European Systemic Business Academy


HRwebVeronika Aumaier, MAS, MSc
Geschäftsführende Gesellschafterin

Aumaier Consulting I Training GmbH


HRwebMiglena Doneva-Doncheff
Coach, Programmleiterin Coaching

ITO Individuum Team Organisation GmbH


HRweb

Corinna Ladinig, MBA
Geschäftsführerin

CTC Academy OG


HRweb

Mag. Sabine Prohaska
Inhaberin

seminar consult


Michaela Baumgartner

Michaela Baumgartner
Geschäftsführerin

GROUP AUSTRIA – besser leben mit Bildung


Eva Rechberg, SystworksEva Rechberg

Systworks


Christina SchweigerFH-Prof. Dr. Christina Schweiger
Head of Study Programs Human Resources & Organization

FHWien der WKW, Studienbereich Personal & Organisation


Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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