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Assessment Center, Potenzialanalyse

Frau X, Personalentwicklerin der Firma Y (ein bekannter Möbelhersteller in Niederösterreich) las das letzte HRweb-Interview „Teamentwicklung funktioniert so viel besser mit Hilfe einer PotenzialAnalyse. Unterschreiben Sie das?“ und hat Lust bekommen, es auszuprobieren. Teambuildings waren in der Vergangenheit mal mehr mal weniger erfolgreich. Diesmal soll eine Potenzialanalyse vorgeschaltet werden. Nur: welche Potenzial-Analyse?

Liebe Frau X der Firma Y, ich nehme diese Frage gerne in meine nächste Experten-Interview-Runde mit:

 

Welche Tests eignen sich Ihrer Meinung nach besonders gut als Potenzialanalyse zur Vorbereitung von Teambuilding? Weshalb?

Petra Schulte (USP-D Consulting):

Niedrigschwellig ist hier ein treffender Begriff: Ob ein Test besonders wissenschaftlich, hoch innovativ oder durch seine online-Verfügbarkeit und schönen Auswertungscharts besonders attraktiv ist, spielt keine große Rolle. Wichtige Prämissen sind, dass Tests leicht zugänglich sind, ihre Auswertung leicht und möglichst plausibel ist und dem Team einen hohen Grad an Autonomie erlaubt: Am besten macht das Team den Test gemeinsam und sieht auch, wie das Ergebnis entsteht. Teams sprechen gern über sich und schätzen relatives Feedback, was so viel heißt wie „Feedback in Relation zu anderen“. Tests dienen ihnen zur eigenen Verortung im Unternehmen, in zeitlichen Strömungen und Trends und zur Lokalisierung ihrer Kräfte untereinander. Soziometrische Übungen wie die SAG (Social Architecture of Groups) oder die „Merkmale erfolgreicher Teams“ entfalten im Team mehr Kraft und bauen stärker Vertrauen auf, als eine Präsentation der im Tests generierten Leadership Schwerpunkte.

In den 90 Jahren wurden der DISC und ähnliche Typologie- und Cluster-Verfahren favorisiert. Noch heute teilt sich die Landschaft der Personalisten in zwei Lager: Die einen verdammen die Simplifizierung von Persönlichkeitsschwerpunkten, weil in ihrem Unternehmen Zusammenarbeit nur noch über Typologien definiert wird, statt wirklich nach situativen und personenbezogenen Lösungen zu suchen. Die anderen wiederum sind froh, dass über das Typologierad ein vordergründiges Verstehen und Tolerieren „der Anderen“ ermöglicht wird. Für ein Team ist am interessantesten, wie das Team als solches aufgestellt ist. Das bedingt auch das Verständnis für den Einzelnen, doch nur als Nebenaspekt. Als einfache Faustregel empfehle ich: Je simpler das Testverfahren und je stärker in der Hand der Gruppe, desto höher die Chance, über das Ergebnis in den Dialog, in die Abstraktion der Ergebnisse und in ein tieferes Verstehen der Teambedürfnisse einzudringen.

Günther Mathé MBA (careercenter):

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Anbieter am Markt etabliert. Am besten sind jene Anbieter, die sich in den vergangenen Jahren auch weiter entwickelt haben. Die sich nicht nur mit der Analyse beschäftigen, ob jemand introvertiert oder extrovertiert ist, sondern auch hinterfragen, welche Motive, welche Motivation und Antreiber jemand hat. Wenn es zB eine Gegenüberstellung vom natürlichen und angepassten Stil, wird den Mitarbeitern ihr unterschiedliches Verhalten in diversen Situationen noch klarer. Allerdings kann man nicht pauschalieren, dass der Anbieter der Beste ist. Wichtig ist sich anzuschauen, was der Kunde braucht, und welches Profil am besten dazu passt. Ausführliche und umfangreiche Profile sind für einige Zielgruppen abschreckend und zu detailliert. Die Mitarbeiter sollen ihre Profile auch verstehen beim Durchlesen und Durcharbeiten. Die Auswahl eines Profilanbieters machen wir auch abhängig vom Bildungsniveau der Probanden bzw. von den Vorkenntnissen zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Manchmal macht ein 5seitiger Report mehr Sinn, als 40 Seiten, die für den Mitarbeiter primär viele Fragen aufwerfen. Und dazu kommen auch sehr stark abweichende Preis / Leistungsverhältnisse der Potenzialanalyseanbieter.

Mag. Petra Koinig (ITO Individuum Team Organisation):

Tests, die ein umfassendes Bild liefern und nicht ausschließlich auf einer Persönlichkeitsanalyse beruhen. Solche Testverfahren bilden ergänzend zu den Persönlichkeitsfaktoren Motivatoren, Interessen und wahrgenommene eigene bzw. Teamkompetenzen ab. Zudem eignen sich neben fragebogengestützten Teamanalysen auch Formate, die sich dem Thema qualitativ bzw. offener nähern. Auch kombinierte Workshop-Formate zeigen sehr gute Resultate.

Mag. Bernhard Dworak (Master Human Resources Consulting):

Ich bevorzuge für Teamentwicklungen Typologieverfahren, da sie auf sehr einfache und pointierte Weise eine erste Orientierung bei unbekannten Personen gibt. Aufbauend auf diesen Typoplogien kann man sehr viele nachhaltige Aktivitäten setzen, die sich auf das gesamte Teamgefüge positiv auswirken. Man könnte auch andere Verfahren einsetzen, das führt aber zu einer höheren Komplexität und könnte für die Teilnehmer (gerade beim ersten Kennen lernen) irritierend sein, da diese Verfahren wesentlich detaillierter die Persönlichkeit beleuchten. Diese großartigen Instrumente sind in der Personalauswahl bzw. im Onboarding besser aufgehoben.

Ing. Christian Koudela, MA, MSc, MBA (GfP – Gesellschaft für Personalentwicklung):

In Hinblick auf Team-Entwicklungs-Veranstaltungen gefällt mir das TMP – Team Management Profil sehr gut. Dieses beschreibt auf wertschätzende Art die Arbeitspräferenzen jedes Teammitglieds. Der Teamstatus zeigt die Tätigkeitsbereiche, die keiner im Team abdeckt. Das ganze Team gewinnt ein Bewusstsein für die individuellen Stärken der anderen – und für die Stärken des Teams.
Ergänzend dazu bietet das KAIROS-Entscheiderprofil einen klaren Fokus auf das Thema Entscheiden und die damit verbundenen Präferenzen und Bedarfe zur Abklärung bzw. Informationen im Vorfeld.

Welche Alternativen gibt es zu Testverfahren im Rahmen von Teambildings?

Mag. Laura Stoiber (Iventa):

Alternativen bei der Erhebung von Teampersönlichkeiten ergeben sich durch verschiedene situative Übungen, in denen das individuelle Verhalten beobachtet werden kann. Dazu zählen Rollenspiele, Präsentationen, Fallstudien sowie Gruppendiskussionen innerhalb des Teams. Vor allem bei Gruppendiskussionen können neben dem individuellen Verhalten auch Gruppendynamiken ausfindig gemacht werden. Es werden die jeweiligen Stärken im Team werden sichtbar, auf die künftig fokussiert werden kann. Wenn es die unternehmerischen Ressourcen zulassen, können auch Maßnahmen wie Betriebsausflüge bzw. gemeinsame (externe) Erlebnisse herangezogen werden, die das Team aufgrund der gemeinsamen emotionalen Erfahrung noch mehr zusammenwachsen lässt. Wir von Iventa empfehlen in diesem Zusammenhang erlebnisorientierte Trainings, die auf allen Sinnen emotional berühren und den Zusammenhalt im Team stärken. Außerdem bieten wir „Lego Serious Play“ an, bei dem ein Team mit Legobausteinen die aktuelle Teamsituation nachbaut. Durch das „Denken mit Händen“ kommen unbewusste Muster zum Vorschein, welche die Dynamiken im Team sichtbar machen.

Oliver Wegenberger, MSc (managementcube):

Ein Team ist eine Zweckgemeinschaft, welches auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet ist; es geht dabei um den Umgang mit dem Anderssein, die anderen Teammitglieder sind anders, haben eine andere Ausbildung, andere Erfahrungen in ihrem Leben gemacht, ein anderes Geschlecht, sind jünger/älter, haben andere [Lebens]einstellungen, sind durch andere Kulturen geprägt, …  und genau diese Vielfalt lässt sich nicht in 5 Typen einteilen.
Als Alternative sehe ich 2 Methoden: Einerseits das Teambuilding selbst; wenn dieses professionell gestaltet ist, wo Eigen- und Fremdreflexion Raum gegeben wird und wo sich die Teammitglieder „aufeinander einlassen können“; sich – in einem „geschützten Rahmen“ in die Lage des anderen zu versetzen und sich mit den anderen wirklich auseinanderzusetzen, ist der wesentliche Erfolgsfaktor eines Teambuildings.
Andererseits bietet ein umfassendes, mehrstündiges Center of Competence, indem team- und unternehmenskulturrelevante Faktoren neben den erfolgsrelevanten Kompetenzen überprüft werden, eine wirkliche und vor allem zielgenaue Alternative.

Mag. Petra Payer (Trainingsteam Gansinger Hufnagl):

Ausreichend gemeinsame Zeit fokussiert auf das Team und seine Mitglieder ist wohl die beste Alternative.
Potentialanalysen und Tests sind keineswegs Voraussetzungen für erfolgreiche Teambuildingmaßnahmen, können aber eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Meist steht das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund, das Besprechen und Abklären von Erwartungen an das Team, das Erheben der einzelnen Bedürfnisse, eine gemeinsame Standortanalyse und eine gemeinsame Zieldefinition.

Mag. Paul Bischofberger (TEAM|Manufaktur):

Für Potenzialanalysen sehe ich im Rahmen einer Teambuildingveranstaltung keine Verwendung. Aus meiner Sicht und nach meinem Verständnis sind dies Instrumente für eins-zu-eins-Settings (Aufnahmegespräch, Coaching, Entwicklungsgespräch, etc.).
Insbesondere dann, wenn Teams neu formiert werden oder größere personelle Veränderungen durchlaufen, ist es natürlich absolut sinnvoll und sinnstiftend, wenn die Teammitglieder sich darüber Gedanken machen, wer sich im Rahmen der gemeinsam zu erledigenden Tätigkeiten schwerpunktmäßig worum kümmern könnte,  und dies natürlich entlang der jeweiligen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten und Vorlieben.
Dazu benötige ich aber absolut keine Potenzialanalyse, ganz im Gegenteil! Tatsächlich sehe ich die Gefahr, dass Potenzialanalysen kontraproduktiv wirken, ganz nach dem Motto: „Meine Potenzialanalyse sagt mir, dass ich in diesen und jenen Bereichen meine Stärken habe, und alles, was nicht innerhalb dieser Bereiche liegt, kommt für mich gleich einmal gar nicht in Frage.“
Was es aber sehr wohl braucht, ist ein Rahmen, in dem die Beteiligten einerseits ausreichend Zeit und Raum haben, sich hinsichtlich ihrer persönlicher Präferenzen und Stärken Klarheit zu verschaffen (das ist keineswegs trivial!), und in dem sie andererseits (möglichst) offen über ebendiese Präferenzen sprechen können. Genau diesen Rahmen zu schaffen, sehe ich als unsere Aufgabe.

 


Die Gesprächspartner:

Die perfekte PotenzialAnalyse für Teams.

dworak_bernhard_150Mag. Bernhard Dworak
Geschäftsführer

Master Human Resources Consulting GmbH


Mag. Petra Payer

Mag. Petra Payer
Netzwerkpartnerin

Trainingsteam Gansinger Hufnagl OG


Mag. Paul Bischofberger Mag. Paul Bischofberger
Geschäftsführender Partner

TeamManufaktur GmbH


Mag. Petra Koinig Mag. Petra Koinig
Trainerin, Consultant, Coach

ITO Individuum Team Organisation GmbH


schulte_petra_usp-d-150-verschwommen

Petra Schulte
Geschäftsführende Gesellschafterin

USP-D Consulting GmbH


Günther Mathé, MBA Günther Mathé, MBA
Geschäftsführer

careercenter


Ing. Christian Koudela, MA, MSc, MBA Ing. Christian Koudela, MA, MSc, MBA
Berater / Trainer

GfP – Gesellschaft für Personalentwicklung GmbH


Oliver Wegenberger, MSc Oliver Wegenberger, MSc
Bereichsleiter Personaldiagnostik

managementcube | Gesellschaft für Wirtschaftspsychologie und Organisationsdynamik


Mag. Laura StoiberMag. Laura Stoiber

Iventa Personal- und Organisationsentwicklung GmbH


Ich danke den Interviewpartnern sowohl für ihre Geduld als auch ihre Expertise.

Mag. Eva Selan, MSc | HR-Redakteurin aus Leidenschaft

Theoretischer Background: MSc in HRM & OE. Praktischer Background: HR in internationalen Konzernen und KMUs in Österreich und den USA.
Nach der Tätigkeit beim Print-Medium Magazin TRAiNiNG als Chefredakteurin, wechselte sie komplett in die Online-Welt und gründete Ende 2010 das HRweb.

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